Samstag, 22. Januar 2022

Dilettantus musicus

Mist. Musste gerade feststellen, dass Rupert Hine bereits vor fast zwei Jahren gestorben ist. 

Ich habe das stechende Gefühl, dass das ein riesengroßer Verlust ist. Und das ist sehr erstaunlich, denn

  • erstens bin/war ich kein wirklicher Fan von RH, sondern weiß ich nur, dass sein Album "Immunity" mich wahnsinnig beeinflusst hat
  • zweitens scheine ich prinzipiell zu wirklich tiefempfundenem Fandom - egal, für wen oder was - unfähig und
  • drittens habe ich von Musik keine wirkliche Ahnung. Ich habe Gossen-Wissen. Oder sagt man Dschungel-Wissen? Egal. Musik-Wissen ist bei mir quasi nicht vorhanden, und wenn doch, dann total unstrukturiert. Die Werke sind über zig Jahre von überallher zufällig auf mich eingeprasselt, und einige fand ich nicht blöd. Manche habe ich jahrelang immer wieder gehört, bis mir auffiel, dass sie doch total blöd weil trivial sind und bei anderen musste ich nach Jahren eingestehen, dass ich sie nur deshalb blöd gefunden habe, weil meine Peers mir damals normativ verordnet hatten, sie blöd finden zu müssen (die Songs, nicht die Peers).  

Heute bin ich immer noch ein musikalischer Blindgänger, Lichtjahre davon entfernt, ein Connaisseur zu sein, also einer, bei dem genussvolle Rezeption und Fachwissen einander in nieendenwollendem Aufschaukelungskreis zu immer neuen Höhen heben. Aber als Dilettanten im allerpositivsten Sinne darf ich mich mittlerweile wohl bezeichnen. 

Zurück zu Rupert. Auf seiner website fand ich das Zitat:

"We wear all the music that we have ever heard; 
we are the product of all the music that we have ever listened to."

Puh, das beeindruckt mich. Meine Dilettanten-Intuition sagt mir, dass die Aussage auf mich voll zutrifft, dass ich das aber bislang nicht hinreichend realisiert hatte. Darum kommt hier als mein Dank und Tribut an Rupert Hine der Anfang (!) meiner Sammlung der Musik-Sachen, die mich irgendwie (!!) geprägt haben. Die meisten Videos sind großer Mist. Es sind die Texte. Und die Musik. Und / oder die Geschichte(n) dahinter. Einige Werke mögen zum Fremdschämen peinlich sein, aber ich bitte die*den geneigte*n Rezipientin*en, um Fairness: Schaut Euch, bevor Ihr lästert, die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen an, unter denen sie produziert wurden. ¹





 (stark verändert via wiki commons)

(...)

While you watch there's always something taking sides
Find a clue in any language
Halloween without a pumpkin, Halloween
Sleeping still they look no meaner than their eyes
Trick or treat or lies
Can I keep on running?
Can I keep on running?

It's only surface tension but break it and we sink
Reach out for the master's mask
The wound is deeper than you think
It's only surface tension but break it and we sink
Reach out for the master's mask
The wound is deeper than you think

(...)
Rupert Hine: Surface Tension






¹Ihr werdet aber auch ein paar wenige Texte finden, die tatsächlich total trivial sind. "Beautiful Noise" von Neil Diamond zum Beispiel. Früher hätte ich sowas schamhaft verschwiegen bzw. aggressiv geleugnet. Heute siele ich mich darin, Dilettant zu sein und sein zu dürfen und mir ergo auch Schrott einpfeifen zu dürfen, wenn er mir denn gefällt...  





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