Montag, 25. November 2019

Anleitung zum kollektiven Glück


In Anbetracht der Exzesse im Nachgang der Französischen Revolution 1789 begründet Friedrich Schiller in einem Brief an den Prinzen Friedrich Christian II am 13.07.1793, warum JEDE auch noch so brilliante politische Idee letztlich hoffnungslos zum Scheitern verurteilt ist:

"... wenn die Weisheit selbst in Person vom Olymp herabstiege, und die vollkommenste Verfassung einführte, so müßte sie ja doch Menschen die Ausführung übergeben." 

Fast 227 Jahre später sind wir keinen Schritt weiter gekommen: Jede kluge Idee einer staatlichen Verfassung wurde und wird auch weiterhin von den Menschen, die sie umsetzen, pervertiert und zugrundegerichtet.

Egal, ob Kommunismus, Sozialismus, Demokratie, Marktwirtschaft, Anarchie oder wasauchimmer: Noch während das junge Pflänzchen der neuen politischen Utopie die ersten zarten Blättchen reckte, waren da stets schon ein paar krankhaft machtgeile alte Männer, die aus teuflischer Gier und Egomanie das unschuldige, hoffnungsfrohe Projekt usurpierten und sich zu Willen machten. Und immer war da stets schon der rohe, stumpfe Mob, der nichts Anderes erwartet, als zu fressen, zu saufen und zu vögeln, wobei Letzteres neuerdings fakultativ durch Privatfernsehen, rattenschnelles Internet und Smartphones ersetzt werden kann, Hauptsache, es befriedigt, ohne zwingend das Hirn zu beteiligen.

In tödlicher Symbiose mähte dieses Zweigespann jede positive politische Idee nieder, so dass am Ende immer nur ein menschenverachtendes, allzuoft faschistisches oder faschistoides System übrigblieb.

Aktuell erleben wir das zombiehafte Wiederauferstehen der postfaktischen Populisten, das beweist: Es hat auch heute niemand wirklich Interesse an Demokratie, Menschenrechten oder dem längerfristigen Erhalt einer menschenwürdigen Lebensumwelt. Das ist alles nur hauchdünne Tünche.

Was bleibt?

Abschied von der Illusion, eine gesamtgesellschaftliche Utopie wäre möglich oder durchsetzbar oder dauerhaft leb-bar.

Stattdessen der harte Weg: Bildung. Jedes Menschenkind muss je individuell überzeugt werden, dass es nichts Erbärmlicheres gibt, als Teil dieses Duo infernale zu werden. Das Neue Erste Gebot: "Du darfst unter keinen Umständen zu den machtgeilen Egomanen-Arschlöchern noch zu den hirntot mitlaufenden Idioten gehören!"

Wenn es gelingt, dieses Gebot in genügend Köpfe zu implantieren, dann brauchen wir auch keine gesellschaftliche Utopie mehr.

Gut, man könnte das Neue Zweite Gebot ergänzen: "Übe bedingungslos Dein Mitgefühl und sei barmherzig."

Naja, dann können wir den Reigen auch vervollständigen. Das Neue Dritte Gebot: "Sei demütig gegenüber der Natur. Du brauchst sie, nicht umgekehrt."

Drei schlichte, verständliche Gebote zum kollektiven Glück? Ich halte das für ein faires Angebot.






(Piero della Francesa: Die ideale Stadt, 1480)

Bisschen wenig Publikumsverkehr, 
aber vielleicht fand der gute Piero gerade das ideal ...






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