Dienstag, 19. Februar 2019

Die notwendige Kunst aktiven Nicht-Verstehens



Heute wieder eins von diesen Gesprächen gehabt, man müsse die Leute verstehen, die auf die AfD reinfallen. Die fühlten sich vom Diskurs der Eliten ignoriert und von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt und forderten doch  nur, dass man sich erstmal um sie kümmere, bevor man dahergelaufene Migranten pampert.

Mir fällt dann immer nur die Rettung der HSH-Nordbank ein: 13 Milliarden Euro wurden den Steuerzahlern zur Rettung einer eher kleinen Bank aus der Tasche gezogen, bevor sie für eine Milliarde an eine US-Heuschrecke verkauft wurde. Die Menschen in den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein werden noch jahrelang darunter leiden, sehr real, nicht nur gefühlt. Und die HSH ist nur ein verhältnismäßig überschaubares, mittelgroßes Beispiel für Geschenke an die Konzerne. *

Warum kloppen die angeblich enttäuschten, abgehängten kleinen Leute nicht auf den wahren Gegnern rum, dem berühmten einen Prozent der Menschheit, das über 50 % der planetaren Ressourcen bestimmt und immer noch reicher wird? Warum werden nicht die wesentlichen gesellschaftlichen Problematiken thematisiert, sondern nur das wirtschaftlich vergleichsweise nebensächliche Thema der Migration?

Macht es einfach mehr Spaß, auf hilf- und schutzlosen Leuten rumzuprügeln? Sind die angeblich abgehängten Leute vielleicht vom Kapitalismus längst so korrumpiert, dass sie dieses System gar nicht angreifen wollen, selbst wenn sie begriffen, dass der scheinbar unkontrollierbar gewordene Markt für ihre Lage hauptverantwortlich ist? Warum greift die AfD nie die Konzerne an? Warum stoppen die global players nicht den Irren im Weißen Haus? Weil die thumben Massen damit so schön beschäftigt, so schön gegeneinander aufgewiegelt werden, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, sich nach dem tatsächlichen Feind umzuschauen?

Nee, liebe Leute, wenn ihr nur Aufmerksamkeit wollt und um die zu bekommen Euch nichts weiter einfällt, als auf  die Schwächsten einzuprügeln, wenn ihr euch freiwillig den Populisten unterwerft oder gar mit ihnen kollaboriert, dann könnt ihr stinken gehen. Dann bleibt dem denkenden Rest der Welt nur, euch zu verachten, und wenn ihr das dann elitär findet, bitteschön.

Wenn ihr hingegen irgendwann mal anfangt, nach den wahren Urhebern eurer gefühlt oder real miesen Lage zu suchen und wenn ihr womöglich internationalen, solidarischen, gewaltfreien Widerstand leisten wollt, dann, liebe Brüder*innen und Schwester*innen, seid willkommen, geherzt und geküsst.













* Ein Flüchtender kostet pro Aufenthaltsmonat 1.000 Euro. Man kann also eine Bank, die selbst eine Bilanzsumme von 77 Milliarden ausweist, mit weiteren 13 Milliarden Steuer-Euros pampern oder man kann einemillionunddreiundachtzigtausenddreihundertdreiunddreißig Menschen ein Jahr lang unterstützen. Natürlich entscheiden wir uns für die Bank! Das ist nicht mal drei Jahre her. Warum dreht niemand durch?







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