Sonntag, 17. Juli 2016
Gefährliche Nonchalance
Gerade fiel mir auf, dass ich im vorhergehenden Artikel genau denselben Denkfehler gemacht habe, wie alle: Mal eben so locker-flockig die Entlassung von 3.000 Richtern durch das Erdogan-Regime kommentiert. Verfluchte Scheiße, da bin ich doch tatsächlich einer uralten perfiden, monströsen Taktik aufgesessenen!
Man überlege mal: Was geschähe in einem normalen, leidlich zivilisierten Staat, der sich als Rechtsstaat versteht, wenn EIN (in Zahlen "1"!) Richter geschasst wird, weil er der Führungs-Camarilla unliebsam geworden ist? Aufschrei! Amnesty! Menschenrechte! Demos! Jahrzehntelange Berufsverbote-Prozesse! Verfassungsgericht! Europäischer Gerichtshof! Und am schlimmsten: Vorübergehender Image-Verlust! [*1]
Dreitausend Richter kaltgestellt! In einer Nacht. Mal eben so. DAS, liebe Leute, nenne ich einen Staatsstreich!
Was für eine geniale Taktik: Statt 3.000-fachen Ärger zu verursachen, erschlägt man jede Kritik durch die schiere Monstrosität eines einzigen, großen Unrechts. Und ich bin voll drauf reingefallen!
Scheiße! Scheiße! Scheiße!
Dieses Bild fand ich, als ich nach "Nonchalance" bzw. "gefährliche Nonchalance" gegoogelt habe. Man darf angesichts einer unfassbar großen Zahl von Verbrechen nicht die Ungeheuerlichkeit jedes einzelnen aus dem Blick verlieren. Ein von den Nazis ermordeter Jude / Sinti / Schwuler / Kommunist ist eben nicht nur ein Sechsmillionstel eines großen Verbrechens.
[*1] Allerdings war in jüngster Zeit kein Image-Schaden so groß, dass wir nicht weiterhin Waffen an irgendein Unrechts-Regime liefern würden. Die Leute vergessen ja so schnell. Ist Euch mal aufgefallen, welche Waffen für und gegen den Putsch in der Türkei eingesetzt wurden: Deutsche G3 und MP5 von Heckler & Koch, deutsche Leopard-Panzer von Wegmann-Kraus-Maffei und deutsche Unimog von Daimler. Und NATÜRLICH bleibt die Türkei treues NATO-Mitglied ...
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