Samstag, 29. September 2018

Warum ich meinen Goggelplus-Account gelöscht habe


Ich weiß nicht, ob's nur zeitliche Koinzidenz war oder etwas mit meinem letzten Posting zu tun hatte, jedenfalls bekam ich auf Gplus plötzlich die Meldung, mein Account sei zwecks einer Überprüfung der Inhalte gesperrt. Ein paar überhaupt nicht hilfreiche Hilfe-links schickten mich in Menüseiten, in denen ich nachlesen konnte, dass soetwas halt passiere, wenn man sich nicht an die Richtlinien hielte, die da wären: ... bla, bla, bla ....

Ich habe die Richtlinien mehrfach sorgfältig studiert. Ich habe meine Veröffentlichungen mehrfach sorgfältig studiert. Ich fand keinen Verstoß. Dies mailte ich an die angegebene Kontaktadresse mit Bitte um Aufklärung. Auch am nächsten Tag keine Antwort.

Dann erwischte ich mich dabei, zu denken, ich könne ja mal "auf Verdacht" einige der etwas steileren Formulierungen in meinen Artikeln entschärfen. Vielleicht ist Hoeneß bei streng juristischer Observanz gar kein Schwerverbrecher, sondern nur ein einfacher Verbrecher - oder überhaupt nur ein Straftäter? Hm, hm, hm. Und meine konsequente, differenzierte und schlüssige Anwendung der Begriffe "Arschlöcher" und "Idioten" habe ich zwar expressis verbis erläutert, aber vielleicht haben die Damen und Herren Kontrolleure einfach gar keine Zeit, derartige Gedankengebäude nachzuvollziehen, vielleicht sollte ich da einfach vorsi...

Und genau an dieser Stelle wurde mir bewusst, dass ich gerade dabei war, vor der virtuellen Macht der Übermächtigen einzuknicken. Und zwar nicht, indem ich mich realem Druck unterwarf, sondern indem ich selbstgemachten Antizipationen folgte. Man hört ja so viel, was "die von Google/Apple/Facebook" schon verboten haben, da ahnt man schon, worauf das hinausläuft, und immerhin nutzt man deren Produkte kostenfrei, da muss sich halt anpassen, nicht wahr ... ?

Nein, nein, nein. Da dräut Gefahr ganz unbewusster Selbstzensur. Ich glaube, da müssen wir, die wir gerne auch mal kritisch und (über-)spitz fabulieren, sehr achtsam mit uns umgehen, auf dass wir nicht, quasi hinter unserem eigenen Rücken, die Schere der Selbstzensur ansetzen..

Stellen wir das also mal für die Selbsttherapie klar: Googles Produktpalette ist zweifellos gut, ich nutze sie praktisch seit den Anfängen, und ich nutze sie gern, habe mich an sie gewöhnt, und die Gewöhnung korrumpiert jemanden wie mich, der zwar kein Technik-Nerd auf immerwährender Suche nach dem jeweils heißesten Scheiß, wohl aber ein ewiger Communicadore, eine verbale Rampensau ist.

Ganz miserabel wäre es aber, entstünde aus der Gewöhnung Abhängigkeit.

Darum habe ich meinen Account gelöscht.






(Die Aussendung des hl. Geistes - ca. 1180 - verändert via wiki commons)

Schon im frühen Mittelalter wusste man: 
Intuitive Groupware-Lösungen und ein rattenschnelles Netz sind das A und O.












Freitag, 21. September 2018

Peinliches Postscriptum


Verwunderlich ist NICHT, dass alle SPD-Minister die unfassbar dumme, demokratiegefährdende Maaßen-Entscheidung vollinhaltlich unterstützen: Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, Plittikörr als ausschließlich egoistische, machtgeile, ethikfreie Akteure zu begreifen, dann - und nur dann - ist das Verhalten von Scholz, Maas, Heil und Konsorten völlig schlüssig.

Verwunderlich ist hingegen, dass die Dame und Herren Minister sich trauen, ihre offensichtliche Macht-Korrumpiertheit so öffentlich und hemmungslos auszuposaunen, so, als wäre dies nicht das offensichtlichste, peinlichste Eingeständnis ihres totalen ethischen Versagens.

Nach Marx wissen wir: Der größte Horror des Kapitals ist die Abwesenheit von Profit.
Wir ergänzen: Der größte Horror der politischen Klasse ist die Abwesenheit von Macht.

Jahrzehntelang war ich wütend und empört, sowohl über die Einen als auch über die Anderen. Aber man schaue sich die Menschen und ihre Biographien einmal genauer an: Allesamt psychisch Deformierte, Getriebene, Irregeleitete, allesamt ganz arme, dumme Würstchen.

Dass ich Mitleid mit ihnen hätte, kann ich allerdings nicht sagen.






(verändert via wiki commons)
Ach Du Kacke, möge er NIE erfahren, was da gerade im Namen seiner Partei gelaufen ist.





Mittwoch, 19. September 2018

Wieder und wieder



Und wieder quälen mich so einfache Fragen:


Angesichts der nun stattgefundenen Regelung, die als "Lösung des Problems" zu bezeichnen, Logik und Ethik verbieten:

  • Wundert sich wirklich noch jemand, wenn Plittikörr-Verdrossenheit flächendeckend wird?
  • Merkt wirklich niemand, dass Plittikörr überhaupt keine Verantwortung tragen - jedenfalls nicht in dem Sinne, dass sie jemals für Unfähigkeit oder Missetaten negative Konsequenzen erleiden müssen?
  • Können und dürfen wir unseren Heranwachsenden noch weiter die ewig-alte Sandkasten-Ethik verkaufen, so irreführende Merksätze wie "Sei stets fleissig, ehrlich und mitfühlend!", oder sollten wir nicht endlich die Wahrheit über die Erfolgsfaktoren in dieser, unserer Gesellschaft vermitteln?
  • Wem nutzt es letztendlich, wenn wir ständig so tun, als sei diese Wahrheit NICHT zynisch, dreckig und unfasssbar deprimierend?
  • Dürfen wir überhaupt die grundsätzliche Unmoral (was für ein schönes, veraltetes Wort) der Macht-Habenden mit dem Deckmäntelchen der Ausnahme versehen? "Ja, der Seehofer ist halt so ..., ja, der Maaßen hat straffällig gehandelt, aber der Hoeneß ist ein verurteilter Schwerverbrecher und trotzdem zum Bayern-Präsi gewählt worden ..., naja, dass der Maaßen den Job als Staatssekretär annimmt, ist doch klar ... die SPD konnte gar nicht anders, als da mitzuspielen, weil ..."
  • Und immer wieder: Warum bleiben wir bei all' diesem Mist so passiv? Warum lassen wir uns das so bereit und willig gefallen?

Jede 400-Euro-Reinigungskraft trägt mehr Verantwortung als jede/r PlittikörrIn.






(verändert via wiki commons)




Samstag, 25. August 2018

Vernunft ist so oldschool!



Tagesschau-Online bringt einen Artikel zu einer neuen Meta-Studie zur schädlichen Wirkung von Alkohol. Viel gefährlicher als gedacht, etc. etc. Hundertmal spannender als der Artikel sind aber die 128 Kommentare:

Gefühlte 80 % der ScribentInnen versuchen sich irgendwie aus der Vernunft-Nummer rauszuwinden. Zusammengefasst lauten die Argumente etwa so:

  • Ich lasse mich vom Vernunft-Faschismus belastbarer wissenschaftlicher Aussagen nicht unterdrücken. Mein reptilienhirngesteuertes Verhalten ist zwar komplett doof und selbstzerstörerisch, aber ich verkaufe es einfach als heldenhaften Widerstand gegen ein diktatorisches System. Gibt es keine dazu passende Verschwörungstheorie?
  • Ich habe so rein bauchmäßig-emotional nicht das Gefühl, dass Alkohol ein Zellgift ist. Deshalb (!) kann die Studie nicht stimmen.
  • "Die" haben uns schon Frauenfeindlichkeit verboten und Schwulenhass, und "Neger" oder "Bimbo" dürfen wir auch nicht mehr sagen, kein Fleisch essen, keine Stinke-Autos fahren - und jetzt sollen wir auch noch am Saufen aufhören? Wozu leben wir dann noch? Ein Grund mehr, die AfD zu wählen, die sagen mir immer wieder, dass das total gut ist, was ich mache. 
  • Ich kenne ein paar Leute, die haben ihr Leben lang gesoffen und sind steinalt geworden. Das ist zwar nur meine völlig unrepräsentative, nicht-falsifizierbare Blödmann-Meinung, aber die hau' ich erstmal raus, schließlich gipps ja sowas wie Meinungsfreiheit.
  • Es gibt viiiiel schlimmere Dinge als alkoholbedingte Krankheiten und Todesfälle. Ausländer zum Beispiel. Oder das Wetter. Oder die Benzinpreise. Oder Schalke könnte das nächste Spiel verlieren. Oder gewinnen. Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad ...  Darüber sollten die mal berichten. Aber das wird ganz absichtlich verschwiegen. Wie war nochmal die Frage? 
  • Also, ich bin dagegen, dass Alkohol krank macht, und schließlich leben wir in einer Demokratie. Aber Diedaoben machen ja sowieso, was sie wollen. Auf uns kleinen Leute hört ja keiner. Da wird's schon Zeit, dass da mal einer aufräumt. Der Trump macht's richtig. Und der Erdogan, der Orban, der Gauland, die machen's auch richtig. Merkel muss weg.  

Gefühlte 15 % der Kommentare zielen in die Richtung ethisch-ökologischer Besserwisserei, und man hat das Gefühl, dass sich hier langjähriger Frust über die ignorante Häme der Spießer entlädt. Ignorante Spießer-Häme kotzt mich auch an, aber es wäre der guten Sache wirklich dienlich, wenn die Kritk nicht nach dem Schema "Selbst schuld, allzu sterblicher Normalverbraucher! Bereue und nimm dir ein Beispiel an mir: Ich lebe seit zwölf Jahren nur von Sellerie und Eigenurin, vermeide Sex und Aufenthalte im Sonnenlicht und fühle mich wunderbar." erfolgte.

Es bleiben vielleicht 5 %, einsame Rufer in der Wüste, die in schlichten Worten auf die schlichte Tatsache hinweisen, dass Alkohol tatsächlich ein Zellgift ist, ein hocheffektives übrigens.

Es bleiben Fragen:

  • Was muss sich am Wissenschaftsbetrieb, vor allem in der Frage der Veröffentlichungen, ändern, damit relevante Ergebnisse angemessene Beachtung finden und nicht so schrecklich einfach in der Meinungsmühle zermahlen werden können?
  • Was muss sich in allgemeinbildenden Schulen ändern, damit die Menschen (wieder?) in die Lage versetzt werden, den Unterschied zwischen falsifizierbaren wissenschaftlichen Aussagen einerseits und dem reality-soap-gecasteten Meinungsdünnschiss von nieder-intelligiblen RTLII-C-Promis zu erkennen?
  • Wie kann man Menschen dazu ermuntern, wieder Eigenverantwortung zu übernehmen und mit Kant sich mutig zu entschließen "sich [ihres] Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen"?

Lasst uns, wenn wir es denn unbedingt wollen und (WICHTIG!) soweit wir niemand Anders damit schädigen, rauchen und saufen und rumsexen und ... und ... und. Und wenn uns die solcherart akkumulierten Risikofaktoren eines Tages die finale und sehr persönliche Rechnung präsentieren, dann lasst uns, ohne die Schuld auf Andere abschieben zu wollen und ohne die Solidargemeinschaft über Gebühr zu belasten, vor allem aber ohne Weinen und Greinen möglichst voller Würde (und mit ein bisschen Trotz und einem wissenden Lächeln) abtreten.




(verändert via wiki commons)









Samstag, 11. August 2018

Verflochten ... Soso!


Interessant: Der Absturz der türkischen Währung und Wirtschaft hätte, so titeln die Nachrichten-Portale, wegen der engen wirtschaftlichen Verflechtung Konsequenzen für ganz Europa.

Und wieder zwicken so hintenrum diese teuflischen Fragen:

Ist es also tatsächlich so, dass der polit-öffentliche Kritik-Sprech an dem Anti-Demokraten, Selfmade-Diktator und Unsympathen Erdogan keine Konsequenz hatte, sobald es um Profit ging? Hat also kein deutsches oder europäisches Unternehmen gesagt: "Wer uns, unsere Regierungschefin, ständig mit Nazis vergleicht, unsere Landsleute grundlos einsperrt, Menschenrechte mit Füßen tritt und Angriffskriege gegen ethnische Minderheiten führt, mit dem wollen wir keine Geschäfte machen."? Gab es, kurz gesagt, überhaupt kein ethisches Gewissen?

Und werden die Unternehmen, die nun also jahrelang aus bedingungsloser Profitgeilheit mit dem Bösen paktiert haben und nun merken, dass die Profite aus diesem Handel versiegen, ja, sogar in Verluste umschlagen könnten - werden diese Unternehmen den wirtschaftlichen Schaden auf die Gemeinschaft, auf die kleinen Leute, auf Dich und mich abwälzen? Warum ist die Rezession ein Schaden für ganz Europa? Warum nicht nur für die Banken und Waffenschmieden, die bis zur Bruchbelastung mit den türkischen Unternehmen gezockt haben, ohne Rücksicht auf ethische und materielle Verluste und ohne sich auch nur im Geringsten um die gut sichtbaren ökonomischen Warnsignale zu scheren?

Ich würde gerne in einem Wirtschaftssystem leben, in dem Konzerne, die unethisch agieren und hirnlos zocken, irgendwann auch mal 'ne Rechnung dafür begleichen müssen.


(via wiki commons)







Sonntag, 5. August 2018

Vornehmer Ekel hilft nicht.



Thea Dorn weist selbst vielfach darauf hin, wie schmal der Grat ist, auf dem wir wandeln, wenn wir "Deutschsein" definieren - und wie gefährlich es wäre, diese Definition weiterhin immer nur den Rechten zu überlassen.

Wie langweilig wäre es, stimmte man mit allem überein, was Dorn schreibt. Aber sie liefert so vielfältige und umfassende Quellen, dass man animiert - genötigt? - ist, eigene Auffassungen zu kontrollieren oder überhaupt erst zu bilden. Und man findet überreichlich valide Fakten, um den dunkeldumpfen Doitschtümlern und den Fundamentalisten jeder Couleur das Maul zu stopfen.

Was kann ein Sachbuch Schön'res leisten?








Freitag, 3. August 2018

Gewissensnot - öffentlich zelebriert


Ich bin ja eigentlich nicht (mehr) zimperlich, wenn es darum geht, soziale Normen über Bord zu schmeißen, die ich nach aufmerksamer Prüfung als un- bzw. widersinnig erkannt habe. Ich trage kaum noch Schuhe, im Sommer an nicht-öffentlichen Orten nur selten Klamotten, aber - falls doch - durchaus auch mal Sarongs und seit ein paar Monaten 'ne Haarklammer, wenn mein Pony nervt ...

Nun winde ich mich aber doch, scheue merklich davor zurück, eine weitere, als unvernünftig erkannte Norm zu kicken ...

Anscheinend gibt es einen Normenkomplex in meinem Kopf, der mir bislang noch nicht bewusst geworden ist, der lautet: 
  • Du darfst unter keinen Umständen Haushaltstipps im Sinne spezifischer Produktempfehlungen machen. 
  • Erst recht darfst Du das nicht, wenn es um Reinigungsmittel geht. 
  • Und wenn diese Reinigungsmittel dann auch noch konventionell und völlig un-bio sind und obendrein von einem Chemiekonzern stammen und nicht etwa von irgendwelchen progressiven Öko-Leuten, dann bist Du, wenn Du das empfiehlst, ein spießiger, ewiggestriger, verantwortungsloser, dummer Vollidiot, mit dem ich künftig nicht mal mehr Selbstgespräche führen werde!

Tja, das scheint die Norm zu sein, die mich gerade so belastet. Auf der anderen Seite steht die Vernunft: Ich habe gerade zufällig, nachdem ich's mit einigen anderen neuen und konventionellen Mitteln vergeblich versucht habe, hartnäckige Flecken in meiner Küchenspüle mit einem Produkt von Cilitbang (TM) ratzfatz weggekloppt, und das ging so schnell, dass ich ernsthaft richtig begeistert bin.

Und warum, verdammt nochmal, soll ich dieses Wissen nicht teilen, in einer Welt, in der wir mit Produktwerbungen dichtgeballert werden, die allesamt ausschließlich profitorientiert und ergo gelogen sind? Warum sollen wir - unterhalb der großen, öffentlichen Arenen (Habermas) - uns nicht austauschen dürfen, wenn mal was nicht völliger Schrott ist? Es ist auch ein Teil des Kampfes gegen die Macht der Konzerne, wenn man die allzuwenigen Positiv-Beispiele hervorhebt. Guerilla-Kommunikation.

Kein schlechtes Konzept, auch wenn's anfangs schwerfällt.




(verändert via wiki commons)

















Montag, 30. Juli 2018

Alternative Logik


  • Habe gerade überlegt, welcher Vollidiot wieder mal mitten in der Mittagszeit seinen Rasen mähen muss. 
  • Dann fiel mir ein, dass MEIN Rasen nicht gemäht werden muss, weil der völlig vertrocknet ist. 
  • Und dann fiel mir ein, dass der Vollidiot, der jetzt seinen Rasen mäht, derselbe Vollidiot ist, der, als der lokale Wasserverband bat, Wasser zu sparen und zum Beispiel Rasenflächen NICHT zu sprengen, seinen Rasen gesprengt hat.
  • Nun ergibt das Ganze einen Sinn: Hätte er neulich nicht unsolidarischerweise seinen Rasen gesprengt, hätte er jetzt nix zu Mähen gehabt und ich hätte eine ungestörte Siesta auf der Terrasse gehabt.

Vollidioten-Logik - in sich voll schlüssig!


(verändert via wiki commons)







 

Wir sind selbst schuld.


Lese gerade in der vielbändigen "Welt und Kulturgeschichte" der "Zeit" das Kapitel über die europäische Kolonisation Südamerikas, die sehr erstaunlich effektiven Eroberungszüge von Cortez und Pizarro. Übliche Erklärungen der Erfolge: Die überlegene Waffentechnik, die Pferde, die Infektion der Ureinwohner mit ihnen bislang unbekannten Krankheitserregern, blabla, das Übliche.

Nur in Nebensätzen wird erwähnt, dass die europäischen Eroberer sich auch immer wieder darauf verlassen konnten, die machtgeilen Potentaten der Ureinwohner immer wieder gegeneinander ausspielen zu können. Im Wesentlichen, so scheint es, haben sich schließlich die zigtausend Südamerikaner selbst und gegenseitig den Garaus gemacht, während die paarhundert Europäer nur hier und da das Zünglein an der Waage spielen mussten - und das außerordentlich geschickt und im äußersten Maße unethisch, brutal und rücksichtslos taten.

Wären die Ureinwohner solidarisch aufgetreten, wäre, Waffentechnik hin oder her, von den Eroberern nur ein bisschen ekliger Glibber im Urwald übriggeblieben.

Analoges ist mir schon beim Sklavenhandel aufgefallen: Es waren gar nicht, wie ich immer dachte, Europäer, die die Menschen in Afrika versklavten. Das machten afrikanische Potentaten, die ethisch mindestens genauso brechreizerregend fehlgeleitet waren, wie die Europäer, die ihnen die "Ware" abnahmen und nach Südamerika weiterverhandelten. Und es sind heute ja auch nicht die "Erstweltler", die Afrikaner zu sklavenähnlicher Arbeit in die Coltan-Minen schicken, sondern Superreiche vor Ort, die den Hals nicht vollkriegen.

Um Himmels Willen soll das jetzt keineswegs die Weißwäsche der Europäer oder anderer Conquistadores etc. sein. Es scheint nur so ein durchgängiges Prinzip in der Weltgeschichte zu geben, das besagt, dass keine Schandtat gegen Mitmenschen ungetan bleibt, sobald macht- und geldgeile Männer die Regie übernehmen und dass es von der Zivilcourage und Solidarität der normalen Menschen abhängt, ob man die Arschlöcher gewähren lässt oder nicht.

Und diese weltgeschichtliche Erkenntnis ist heute so richtig und so wertvoll wie selten sonst. Trump, Erdogan, Orban, Gauland - die sind allesamt nicht besonders schlau. Und trotzdem haben die einen irrwitzigen Einfluss auf unser Leben. Warum? Weil wir das zulassen. Weil der Rest der Welt uneins ist, weil man uns gegeneinander ausspielen kann und weil zahlreiche Mikro-Egoismen zusammengenommen einen mörderischen Impuls entwickeln. Die Arschlöcher brauchen auf der Welle nur noch zu surfen.





 1532 - Pizarro landet in Südamerika - unbek. Künstler

Ich bin zwar kein Experte für sowas, aber ich stimme den Leuten zu, die sagen, militärisch wäre da eigentlich noch lange was gegangen, wenn die Südamerikaner sich einig gewesen wären ...




















Dienstag, 24. Juli 2018

Der beschränkte Blick des M.Ö.


Lieber M.,

es kommt überhaupt nicht darauf an, was SIE als politisch oder nicht-politisch empfinden. Es kommt darauf an, was die Arschlöcher dieser Welt daraus machen. Ihr Fehler, lieber M., war und ist, dass Sie überheupt kein Gespür dafür haben, was Erdogan und seine Camarilla aus dem fraglichen Bild machen. Und da Sie seit Jahren von Ihrer öffentlichen Bekanntheit massiv profitieren, müssen Sie auch die öffentliche Kritik an Ihrer unerträglichen Naivität hinnehmen. *

Ich würde mir eher die Zunge abbeißen, als bestimmte Gedanken öffentlich zu äußern, die ich zu Themen wie z.B. die Flüchtlingspolitik, die aktuelle Politik der israelischen Regierung oder zum Zustand der Demokratie in Deutschland usw. habe. Das liegt nicht daran, dass diese Gedanken nicht etwa logisch oder ethisch korrekt seien, oh doch, das sind sie, das prüfe ich immer und immer wieder. Es liegt auch nicht daran, dass ich zu feige oder zu opportunstisch bin. **

Der Grund für die Zurückhaltung in diesen Dingen ist das Wissen, dass hirntote Fundamentalisten von rechts, von links, oben, unten und aller Glaubensrichtungen und Nationen jeden klugen und komplexen Gedanken in ihre Dreiwort-Satz-Propaganda pervertieren werden, um sie den dumpfesten und stumpfesten ihrer AnhängerInnen so lange um die Ohren zu hauen, bis die den Scheiß papageienhaft, aber laut-gröhlend wiederholen werden.

Verantwortung, lieber M., man nennt diese Sache Verantwortung.



Interessant, dieses Bild habe ich - stark verändert und künstlerisch bearbeitet - von einer russischen Propaganda-Seite übernommen. Die russischen Verfasser wollen mit einem Bild von Türken in Deutschland Politik gegen Europa machen, um innerrussische Konfliktherde zu beruhigen. Wird Ihnen jetzt klar, M., wie abgrundtief naiv Ihr Handeln war und ist?





* Wir hoffen jedenfalls sehr, dass es wirklichg nur Naivität war und nicht etwa Opportunismus. Wann kommt übrigens Ihr öffentliches statement gegen Erdogans Zerstörung der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei? Wir warten!

** In meinem Alter, bei meinem relativ gefestigten Sozialstatus und in dem Staat, in dem ich leben darf, muss man nicht viel fürchten und nicht allzu viel schleimen. Ich sage das in Dankbarkeit und Demut.