Dienstag, 30. August 2022

Unkontrolliert leben


Interessanter Aspekt im therapeutischen Gespräch: Ich stellte fest, es sei mir wichtig, die Dinge im Griff zu haben. Die Therapeutin paraphrasierte dies versuchsweise mit der Formulierung, ich wünschte Kontrolle über Dinge zu haben.

Dank dieser Nachfrage konnte ich ¹ herausfinden: Zumindest so viel haben meine jahrzehntelangen Übungen zur taoistischen Philosophie wenigstens bewirkt: Dass ich nicht mehr die Illusion hege, Dinge seien kontrollierbar. "Dinge im Griff haben" bedeutet für mich, fähig zu sein, tätig einzugreifen, durch eigenes Tun mehr oder weniger bescheidenen Einfluss auf den Lauf der Dinge ausüben zu können.

Ich erlaube mir die Metapher vom trägen Floß in reißendem Fluss voller Stromschnellen und Hindernisse. Idiotisch das Ansinnen, die Fahrt vorab en detail zu kalkulieren und zu planen. Idiotisch auch der Traum, ein Floß so hochenergetisch zu motorisieren, dass es in so einer Situation nach Belieben zu manövrieren wäre. Diese Arten von Kontrolle stehen nicht zur Verfügung und werden von mir auch nicht angestrebt. 

Was ich aber wünschte, wäre irgendein Ruder ², irgendein Paddel oder Stab, mit dem ich wenigstens ein bisschen in meinem Sinne tätig sein könnte. Müsste ich in dieser Floß-und-Fluss-Situation passiv bleiben, fänd' ich's richtig scheiße.  

Das ist der Unterschied zwischen "Kontrolle haben" und "Dinge im Griff haben".


(stark verändert via wiki commons)




¹ zunächst spontan, im Nachgang dann viel bewusster und präziser 

² Ja, es müsste in diesem Zusammenhang "Riemen" heißen. Ich weiß. 




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