Wahlkampfberichterstattung aus einem Land weit, weit weg. Die Kommentatoren beantworten die selbstgestellte Frage, warum so viele Amerikaner den schlimmeren der beiden psychopathen Egomanen wählen werden, unisono und fast wörtlich mit dem Hinweis, den Amis sei Alles zu komplex, niemand blicke mehr durch, und da wähle man eben jemanden, der die Dinge brutalst vereinfacht, auch, wenn man wisse, dass es ein rücksichtsloser Vollidiot sei.
Die nörgelige Klage, es sei alles so kompliziert, hört man auch bei uns. Und auch bei uns ist man bereit, erklärten Feinde unserer Verfassung wieder mal die Macht in die Hände zu spielen, wenn sie denn nur den Schmerz, den vernunftgesteuertes Denken anscheinend verursacht, mit faktenwidrigem Subkomplexem lindern.
Ich rufe erneut zur Rettung der Demokratie auf* und erneuere und präzisiere meinen Vorschlag:
- Wem die aktuellen politischen Themen zu kompliziert sind, darf das ab sofort sagen und wird von diesem Moment an von der Verantwortung, die eine demokratische Wahl für die Wähler*innen nun mal mit sich bringt, entbunden.
- Wer irrtümlich annimmt, Demokratie bedeute "Wähl' Dich reich!", ist ebenfalls feierlich von der Wahl enthoben.
- Wer zu blöd und zu faul ist, sich mit politischen Themen hinreichend auseinanderzusetzen, ist auch raus.**
Man muss das natürlich so deichseln, dass es trotzdem einigermaßen ehrenhaft wirkt. Die Selbstaussage "Ich bin charakterlich und intellektuell unfähig, am Prozess demokratischer Willensbildung teilzunehmen" ist wenig schmeichelhaft. Da könnte die Akzeptanz leiden. Besser ist: "Ich hatte gar keine Zeit, mich drum zu kümmern. Nächstes Mal vielleicht ..." oder "Meine Religion verbietet mir zu wählen!" (Dazu müsste man natürliche einen entsprechenden Religionsanbieter vorhalten. Zum Glück gibt es reichlich Religionen bei uns, die in Wort und Schrift schon seit Jahrtausenden der Freiheitlich-Demokratischen-Grundordnung spinnefeind sind.)
Kurz: Es sollten die Leute, die demokratieunfähig sind, ohne Nachteil vom demokratischen Prozess dismissed werden, ohne dabei das Gefühl zu haben, eine Elite bestimme demokratisch die Geschicke des Staates.***
* Jedenfalls bei uns in Deutschland. Da gibt es vielleicht noch ein letztes Fünkchen Hoffnung. Den Amis ist in keinem Fall mehr zu helfen.
** Wie man das misst? SUV-Fahrer, Bild-Leser, Dieter-Bohlen-Fans, Corona-Leugner, Bayern, FC-Bayern-Fans, Klimawandel-Leugner, religiöse Fundamentalisten jeder Couleur ... Himmel, es gibt doch einen Haufen ganz konkreter Indizien. Das ist nicht so schwierig, wie immer gesagt wird.
*** Obwohl genau das de facto der Fall wäre, und das wäre gut so. Elite wäre in diesem Fall definiert als "aktives Befürworten und Eintreten für die Menschenrechte, die deutsche Verfassung / die FDGO" und wissen, was das überhaupt ist.
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