Donnerstag, 25. Oktober 2018

Juhuuu! Die Einschläge kommen näher!


Irgendein Stimmchen inneren Wahnsinns jubiliert gerade in mir: Unser Auswärtiges Amt verschärft die Reisewarnungen für die Türkei, in der aktuellen Fassung besonders für Leute, die den Ziegenpeter vom Bosporus in sozialen Medien kritisch angegangen sind. Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacke, jetzt geht's mir an den Kragen!

Warum mich das freut? Weil ganz deutlich die Autokraten * und Möchtegern-Autokraten den Diskurs so weit zuspitzen, dass nun jede/r Einzelne von uns gezwungen wird, eine Ja-/Nein-Position zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu beziehen.

Immerhin kann ich jetzt mit märtyrermäßig-stolzem, theatralisch-vorwurfsvollem Ausdruck schwersten inneren Leids Jedem und Jeder, der / die jetzt noch Urlaub in der Türkei macht, erholsame Tage wünschen, in dem Land, das zu betreten mir nun durch die staatliche Drohung mit Verfolgung und Knast verwehrt ist. Ironie beiseite: Ich habe schon seit dem Putsch nicht mehr verstanden, wie man da noch hinfahren, urlauben oder Geschäfte, Waffengeschäfte gar, machen kann. Und ganz ernsthaft: Ich hätte Schiss, da jetzt hinzufahren.

Und kommt mir nicht, wie neulich jemand, mit dem Argument, das sei ja nur die bescheuerte türkische Regierung, die Menschen seien ja ganz anders. Ich glaube nicht, dass das stimmt. Ich glaube vielmehr, dass Erdogans Dicke-Hose-Politik beim Großteil der Bevölkerung gut ankommt, und dass die Wahlen, die ihn immer wieder bestätigen, frei und geheim und gleich sind.

Wir müssen endlich mit der Bequemlichkeit aufhören! Ein Türkei-Urlaub ist für freiheitliche DemokratInnen ethisch derzeit nicht darstellbar. Und wir müssen die kranke Profitgeilheit unserer Konzerne einfangen: Geschäfte mit der Türkei sind nicht möglich. Punkt. Und wenn Altmaier sagt, man müsse da eine europäische Lösung finden, dann ist das doch nur wieder altbekannte, wirtschaftsfreundliche Verzögerungstaktik. Wo eine Wille wäre, wäre auch ein Weg. Wo kein Wille ist, gibt es Ausreden.





(verändert via wiki commons)
" ... letztes Jahr waren wir ja auch schon in Mordor, ganz reizend! ... Landschaften, sag' ich Dir, sowas sieht man hier gaaaar nicht, und Essen und Unterkunft waaahnsinnig preiswert ... guuut, man muss etwas aufpassen, was man sagt, aber im Urlaub will man ja sowieso nicht an Politik denken und diese ganzen häßlichen Geschichten. Und mein Mann sagt, man kann tadellose Geschäfte machen, hier unten, die kaufen richtig anständige Mengen und erwarten schon hohe Qualität und sind auch bereit, gut dafür zu zahlen. Klar, da hängt ja auch einiges von ab: Die setzen die Waffen ja auch ein, teilweise sogar gegen uns oder unsere Freunde, aber trotzdem ... (lacht) ... wenn wir denen keine Waffen verkaufen, macht's ein Anderer, nicht wahr, und dann können wir das Geschäft wenigstens noch mitnehmen ..."






* Habe neulich irgendwo gelesen, Erdogan sei ein "Soft-Autokrat". Was für ein Schwachsinn! Man kann autokratisch sein oder nicht. Es käme doch auch niemand auf die Idee, eine Frau als "hard-schwanger" oder "soft-schwanger" zu bezeichnen. Dass Erdogan vorläufig aus taktischem Kalkül seinen Faschismus erstmal noch im Rahmen des jeweils herrschenden Rechts durchprügelt, ändert doch nichts. Das hat Hitler haargenau so gemacht.

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