Mittwoch, 30. Oktober 2019

Die Hohe Schule ...


Ich habe einen Kollegen, JGC, dem bin ich in Freundschaft und Respekt zugetan, und ich schätze mich glücklich, vermuten zu dürfen, dies gelte auch umgekehrt. Da wir schon einige Jahre zusammenarbeiten und da dies absehbar wohl auch noch so bleiben wird, kann sich die/der geneigte Leser*in wohl vorstellen, dass die sprachlichen Variationsmöglichkeiten, diesen gegenseitigen freundschaftlichen Respekt zu verbalisieren, rasch zur Neige gingen.

Es wurde daher zum intellektuellen Spiel, überraschend Alternativen zu den üblichen Respektsbekundungen zu formulieren, und da wir beide im tiefsten Innern zynische Drecksäcke sind, landeten wir allzubald im weiten Feld der Verbalinjurien. Typische Begrüßung wäre demnach:

JGC: "Na, Du Blödmann!"
MSI:  "Halt die Fresse, Du Arsch!"

Dabei ist die schauspielerische Herausforderung, diesen Dialog immer wieder neu und anders und vor allem wirklich maximal hasserfüllt und / oder verächtlich zu gestalten, um anschließend übergangslos in den normalen, freundlich-sachlichen Alltags-Duktus zu wechseln. (Es geht also nicht um pseudo-proletarische Pseudo-Beschimpfungen, wie z.B. das durch und durch freundliche "Na Günni, Du altes Scheißhaus ...!")

Neulich hat JGC mich bei diesem Spiel eiskalt überrascht und ergo schwer beeindruckt. Statt immer tiefer in die verbale Fäkaliengrube zu greifen, die ja, genau betrachtet, auch nur sehr begrenzte und nicht eben intelligible Ressourcen zur Verfügung stellt, betitelte er mich ganz ruhig und leidenschaftslos mit "Dämlicher Hund!".

Puuh, das ist wirklich hochkarätig! "Dämlicher Hund!", das sagt kein Proll und das sagt auch Keiner, der in hirnloser Wut entbrannt ist. "Dämlicher Hund", das sagt einer, der gewöhnlich nicht in diesen sprachlichen und intellektuellen Tiefen operiert, das sagt einer, der sich genau überlegt hat, dass sein Gegenüber ein minder-kluger Tunichtgut ist, und dass es genau jetzt an der Zeit sei, diesen Umstand ihm gegenüber zu verbalisieren.

"Dämlicher Hund!" kann man auch nicht immer wieder als Alltagsfloskel dahindreschen, dafür ist es zu ehrwürdig, zu gediegen.

Ich werde diesem Kleinod in meinem virtuellen Setzkasten sprachlicher Preziosen einen besonderen Platz zuweisen.





Heute bei Hude. 
Es ist ein ganz miserabler Charakterzug, 
aber wir Flieger schauen immer ein wenig 
auf  Golfspieler hinab ... 








Montag, 28. Oktober 2019

Der Charme des low & slow


Was haben Geld, Sex, gutes Benehmen und Fliegerei gemeinsam?
Je weniger man hat, desto mehr redet man drüber!

Naja, ernsthaft: Hier ist noch ein Foto vom letzten Flug, das mir immer besser gefällt, je öfter ich es in die Hand nehme.




Von den Farben und dem herbstlichen Licht abgesehen gefällt mir der interessante Gegensatz zwischen der muckelig-minimalistischen Nähe des Cockpits und der bruchlos anschließenden Unendlichkeit dahinter. Das drückt viel von der Faszination des low-and-slow-Fliegens aus.

Dito hier:








Mittwoch, 23. Oktober 2019

Neues aus der Kunstgeschichte


(Heute, SW Oldenburg, 180 m)

Inzwischen bezweifelt kein Kunsthistoriker mehr ernsthaft, dass Caspar David Friedrich (1774 - 1840) zu seinen wesentlichen Landschafts-Sachen inspiriert wurde, indem er herbstliche Trike-Flüge unternahm.





(Wer's immer noch nicht glauben will, googele mal "Caspar David Friedrich Nebel Landschaft".)









Montag, 21. Oktober 2019

Auffangbecken






Es ist völlig wurscht, wie viel Sorgen, Ängste und Probleme Du mit Dir rumschleppst - das Meer mit seiner gewaltigen Größe und der gleichmütigen Ewigkeit seiner Existenz macht Dir klar, dass Deine Sorgen zwar real existieren, dass sie aber in einem Rahmen existieren, in dem, insgesamt gesehen, Alles gut und richtig verläuft.







Sonntag, 20. Oktober 2019

Schon wieder!


Jetzt ist es schon wieder passiert: Beim Zusammenlegen meiner T-Shirts finde ich ich eines, das definitiv nicht meins ist!

Um mein Erstaunen, ja, meine Beunruhigung darob richtig fassen zu können, muss ich erläutern, dass der Lebenszyklus meiner T-Shirts sehr übersichtlich ist:

Ich nehme eines aus dem Schrankfach, trage es maximal einen Tag lang, dann kommt es in einen Wäschekorb, dann in die Waschmaschine, dann auf den Wäscheständer, dann, ordentlich gefaltet, wieder ins Schrankfach. Ein simpler, eherner Kreislauf, der für das jeweilige T-Shirt erst dann endet, wenn es mir spröde und fadenscheinig vom Leib fällt.

Und seit 40 Jahren trage ich ausschließlich Größe "L", nicht "XL", und ich kaufe ausschließlich billige Noname-Ware, nicht Schickimicki-Bexley-Klamotten, und ich habe keine entsprechenden Familienmitglieder und keine anderweitigen Männerbekanntschaften die so intim wären, dass ich deren Klamotten zusammen mit meinen wüsche. Ich steh' bislang nicht so sehr auf Männer, erst recht nicht auf solche, die XL-T-Shirts tragen müssen.

Wie also kommt dieses T-Shirt auf meinen Wäscheständer?


Sage bitte niemand, in unserer Welt gäbe es keine Geheimnisse mehr!


Someone must've been fooling around
Someone must've been acting the clown
Someone must've been taking the piss
Taking the piss and acting like this

Sparks: Hippopotamus





Freitag, 4. Oktober 2019

Logisches Kürzen


Neulich stieß ich in einem Garten-Laden erstmals auf "Riesen-Alpenveilchen" und stolperte über die sprachlich-logische Paradoxie, dem vorangestellten "Riesen-" ein Diminutiv, eine Verniedlichung, das "-chen", nachzustellen.

Überlegte ergebnislos, was wohl übrigbliebe, wenn man beides gegeneinander wegkürzte. Ein Alpenveil? Das Veil oder der Veil oder die Veil?

Der ursprüngliche Name der Pflanze, "Alpenveilchen" verweist darauf, dass sie einst wegen ihrer unprätentiösen Zierlichkeit und Eleganz geschätzt wurde. "Unprätentiöse Zierlichkeit und Eleganz" sind aber Eigenschaften, von denen man nicht MEHR erhält, wenn man das Produkt GRÖßER macht. Resultat dieser Fehlannahme ist immer dümmlich-üppige und himmelschreiende Kackenhäßlichkeit. Man vergleiche das Automobil-Design der letzten Jahre.

Analog müsste man auch mal den "Riesen-Gartenzwerg" hinterfragen. Was bleibt, wenn wir das Zwergenhafte einerseits und das Riesige anderseits aufrechnen? Ein Idiot? Ein Doitscher? Ein Gartenspießer?


(Der Garten-Spießer, stark verändert via internet)








Samstag, 28. September 2019

Ich gestehe!


Neulich im Ein-Euro-Shop: Ich stehe mit einer Rolle Geschenkpapier an der Kasse, die mittzwanzigjährige Kassierin/Verkäuferin räumt fünf Meter weiter seelenruhig Regale ein. Ich sage freundlich aber vernehmlich "Moin!", um auf mich aufmerksam zu machen und ihr gleichzeitig die Chance zu geben, so zu tun, als habe sie mich nicht gesehen. Ihre Reaktion fällt unerwartet aus, sie kommt herangeschlurft und sagt ebenfalls freundlich und vernehmlich "Jaja, nur keinen Stress, Eile mit Weile!" Darauf ich, etwas konsterniert: "Ich glaube, das sollten Sie nicht sagen. Sie können doch nicht mit der Zeit Ihrer Kunden spielen!" Und sie: "Ach, das sehe ich anders!"

Ich habe dann nichts mehr gesagt, weil mir schlagartig klar geworden war, dass diese doofe Nuss nicht mal ansatzweise kapiert hat, wie Einzelhandel in einer Marktwirtschaft des Jahres 2019 funktioniert und welche Rolle sie darin eigentlich spielen sollte. Natürlich steht der Laden seitdem auf meiner brutalen Boykottliste.

Neulich im Baumarkt: Eine von fünf möglichen Kassen ist geöffnet, davor eine Schlange von zehn Kunden, einige davon mit vollgepackten typischen Tieflader-Einkaufswagen, die der Heimwerker stets gerne nimmt, wenn er z.B. komplette Renovierungsmaterialien oder Sonstiges für Haus- und Gartenbau transportiert - und die beim Kassieren immer so lange brauchen. Am Informations- / Service-Schalter sitzen vier, fünf weitere Kassierinnen, miteinander ins Gespräch vertieft, beiläufige Blicke auf die Schlange werfend. Keine von ihnen springt auf, eine weitere Kasse zu eröffnen. Nun gut, vielleicht haben sie gerade Pause oder machen Dienst nach Vorschrift oder sind so ausgebrannt, dass da nix mehr geht. Aber da kommt auch niemand vom Management, um sich zu kümmern. Für die komplette Belegschaft ist es völlig o.k., uns da warten zu lassen, wie eine Schafherde vor der Schur.

Auch da kann ich nur wieder sagen: Egal, welche Ursachen diese bierärschige Haltung der Belegschaft haben mag, ich habe keine Lust, mich so einer Behandlung auszusetzen, und ich habe keine Lust, einen Laden, der mir gegenüber so eine Mentalität zeigt, durch fürderen Umsatz zu unterstützen. Boykott brutal.

Auf diese oder ähnliche Weisen wird die Anzahl der von mir frequentierten Läden natürlich immer kleiner.

Und nu' kommt's:

Ich kaufe immer häufiger immer mehr Sachen bei Online-Anbietern! Und ich schäme mich keineswegs, zuzugeben, dass ich unter den Online-Anbietern einen Favoriten habe, der zwar global player ist und seine Angestellten nicht immer richtig (wiewohl gerade eben noch gesetzeskonform) behandelt, dessen Prozeduren und  Zahlungsmodalitäten aus Kundensicht aber ihresgleichen suchen ...

Ich glaube, die Zukunft des Einzelhandels wird folgendermaßen aussehen: Auf der einen Seite ein paar richtig gute, spezialisierte Läden mit kompetenten, zuvorkommenden, freundlichen Menschen, z.B. kleinere Fachgeschäfte oder Tante-Emma-Läden, und auf der anderen Seite gute, erprobte Internet-Anbieter.

Die großen Märkte mit ihrem ihrer Arbeit entfremdeten, schlecht bezahlten, schlecht ausgebildeten Regal-Einräum- und Kassier-Personal sind Auslauf-Modelle. Gut so.






Hier einzukaufen rettet nicht den Einzelhandel und schafft keine Arbeitsplätze.
























Dienstag, 24. September 2019

Die Argumentation der Idioten ...


... meint "Argumentum ad ignorantiam" zwar ursprünglich nicht, aber es passt vollkommen:

Das "Argument des Nichtwissens" gibt es in vielen logischen Varianten. Eine basiert beispielsweise auf dem Fehlschluss, eine Aussage müsse richtig sein, da ich mir keine Alternative vorstellen kann. Genau diese Konstruktion benutzen jetzt die böberschten Plittikörr Frankreichs, Englands und Deutschlands, wenn sie, bis zur Halskrause in Trumps Arsch kriechend, dessen Anwürfe an den Iran wegen des Bombardements der saudischen Ölanlagen nachsabbern . "Es gebe keine andere plausible Erklärung, heißt es in einer Stellungnahme der Staats- und Regierungschefs der drei Länder." (Dlf)

Wie erbärmlich! Unseren Achtklässlern versuchen wir zu erklären, ein Argument bestehe aus einer Aussage und deren Beweis. Und dass es schön und ein echter Bonus wäre, wenn dieser Beweis den harten Kriterien der naturwissenschaftlichen Erkenntnismethode entspräche.

Wenn aber die Juntas der wichtigsten Staaten Europas das gefährliche Gegenteil vortanzen, darf man sich nicht wundern, wenn die Populisten analog argumentieren, die Kriminalitätsraten sänken zwar signifikant, aber man müsse berücksichtigen, dass "die Leute" sich das gefühlt nicht vorstellen könnten und "die Ausländer" verantwortlich machten. Es gäbe keine andere plausible Erklärung ...













Samstag, 21. September 2019

Definiere: Silberstreif am Horizont



(Nördlich Hatten, 200 m, Südkurs)

Falls jemand mit der Metapher vom "Silberstreif am Horizont" nix anfangen kann: So sieht er aus. Gestern habe ich mir die Ausführung in Weißgold gegönnt, das ein wenig ins Platin changiert ...





Schrei nach Aufmerksamkeit


Samstagvormittag, heute, auf dem Supermarkt-Parkplatz:




Ein SUV parkt drei Stellplätze dicht, der Fahrer, Mittvierziger, Höhe, Breite und Tiefe jeweils 160 cm, geht einkaufen. Was will uns dieses Bild, was will uns diese Szene sagen? Welche Selbstaussage, welche Offenbarung steckt dahinter?


  1. Ich habe mein Leben lang zu wenig Aufmerksamkeit bekommen, aber mit diesem Auto und mit dieser Art zu parken kann man mich nicht mehr übersehen.
  2. Die Leute, die wegen mir keinen Parkplatz finden, werden mich hassen, aber Hass ist auch ein Gefühl, und ich wünsche mir doch so sehr, dass mir Menschen Gefühle entgegenbringen.
  3. Übrigens bin ich auch Klima-Leugner. Deshalb fahre ich den V6 TDI. Es gibt nicht nur keinen anthropogenen Klima-Wandel, ich finde, es gibt überhaupt kein Klima. Alles eine Erfindung dieser angeschwulten Lügenpresse. Und wenn ich das sage, dann stimmt das, denn wenn es nicht stimmen würde, würde ich es ja nicht sagen. 
  4. Den V6 TDI brauche ich auch, weil ich einen zu kleinen Penis habe. Das gleicht sich dann irgendwie aus. 
  5. Apropos Penis: Eigentlich sollten auch die Weiber auf den Wagen voll abfahren, aber das klappt irgendwie nicht. Blöde Schlampen. 
  6. Auch ohne meine vielfältigen psychischen Beschädigungen würde ich so eine idiotische Kiste fahren und so idiotisch parken. Rücksichtnahme ist eine Funktion von Intelligenz. Und ich bin so richtig, richtig strunzdoof. Ich bin so doof, dass ich es selbst längst nicht mehr merke. Das tiefempfundene  Fremdschämen aller normalen Menschen um mich herum fehlinterpretiere ich als natürlichen Ausdruck sprachloser Bewunderung für meine Person.
  7. Und ja: Ich war auch als Kind schon scheiße.

Zugegeben: Die Hypothesen zur psychischen Verfasstheit des Fahrers sind nicht schmeichelhaft. Ich bedaure das und wäre dankbar für irgendeine (!) andere (!!) schlüssige (!!!) Erklärung des o.g. Verhaltens.