Montag, 26. August 2019

Narrator volans



Heute, nördlich Brake, 300 m, Kurs SO

Man muss nicht die olle Kamelle der "Invisible Hand" wiederaufwärmen, aber es gibt nicht den Hauch eines Zweifels, dass alle diese Formen teils rationale, zumindest rationalisierbare, Gründe und andernteils scheinbar absolut zufallsbedingte Ursachen haben. Ein herrlicher Zeitvertreib, sich schlüssige Geschichten auszudenken, wann, wie, durch wen und warum hier was planvoll gebaut oder "einfach so" gewachsen ist.

Zwar war die Sicht heute nicht so kernig, aber die Luft dafür so ruhig, dass ich viel Zeit zum Geschichten-Erfinden hatte.






Mittwoch, 21. August 2019

"The end of laughter and soft lies ..."


Ich fahre derzeit viel Autobahn. Geschwindigkeits-Automat immer auf 110 km/h. Das entspricht vergleichsweise dem Klischee der alten Männer, die schweigend auf dem Dorfplatz sitzen und das  Leben an sich vorbeiziehen lassen. Die ruhige Beschaulichkeit bestätigt mir: Es gibt viel zu viele Vollidioten, d.h. Leute, die mit irrwitziger Geschwindigkeit auf 130-Fahrer auffahren, dann dramatisch abbremsen müssen und irgendwie verzweifelt-aggressiv gestikulieren.

Auswertung:
Man sollte Vollidioten keine übermotorisierten Autos verkaufen.
Man sollte überhaupt keine übermotorisierten Autos verkaufen, denn kein Green-, Blue-, Eco- oder Sonstwas-Selbstbetrug kann die Gültigkeit des physikalischen Gesetzes außer Kraft setzen, wonach der Luftwiderstand eines Körpers im Quadrat zu seiner Geschwindigkeit steigt. Und Luftwiderstand ist das, was Sprit kostet.
Es ist bedauerlich, dass die biologische Evolution diese Vollidioten nicht richtig erwischt. Viele von den hirntoten Rasern sind so alt, dass sie sich vermutlich schon fortgepflanzt, d.h. ihre Vollidioten-Gene an fruchtbare Nachkommen weitergegeben haben. Wenn  sich diese Porsche-/Audi-/BMW-Fahrer also final um einen Baum wickeln, ist es eigentlich schon zu spät. Wir brauchen einen Prozess, der rücksichtslos-rasende Vollidioten vor (!) der Geschlechtsreife neutralisiert. Das könnten zum Beispiel staatlich organisierte Spät-Pubertierenden-Rennen in einem von der Allgemeinheit abgetrennten Gebiet mit extrem zurückhaltenden Sicherheitsvorrichtungen sein. Sofern die extremsten Raser sich nicht selbst aus dem Genpool katapultieren, könnte man die schnellsten 40 % eines jeden Rennens zur Belohnung sterilisieren. Klingt nach Nazi-Methoden, aber wenn man den Dummbratzen erklärte, dass die Weiber voll drauf abführen, wären sie gewiss begeistert dabei.

Außerdem habe ich einen gesehen, der seelenruhig seinen Styropor-Menü-Warmhalte-Teller in den Straßengraben warf. Sehr öffentlich, mit null schlechtem Gewissen und mit größter Selbstverständlichkeit. Da habe ich überlegt, wie viele solcher Pottsäue es wohl gibt, bei denen bis dato noch überhaupt nix von irgendwelcher Umwelt-Verantwortung angekommen ist. Und dann habe ich überlegt, wie viele Pottsäue es wohl gibt, die schon mal was von Umweltschutz gehört haben, sich aber neuerdings hinter jenen politischen Kräften sammeln, die Umwelt-Themen für links-grün-versifftes Öko-Gutmenschen-Getue halten. Wenn ich die geschätzte Zahl der Pottsäue, die noch nie was von Umweltproblemen gehört haben (nennen wir sie Primär-Pottsäue) und die geschätzte Zahlen jener Pottsäue addiere, die sich von CDU/CSU/AfD/FDP und Teilen der SPD und weltweit von allen Trumpisten beeinflussen lassen (nennen wir sie Sekundär-Pottsäue), dann komme ich auf einen Wert, der selbst bei vorsichtigen Annahmen nur sehr bittere Aussichten für unsere Zukunft zulässt.

Die Gattung Homo hat nur noch eine rezente Art, und die verdient weder das Attribut "sapiens" noch langfristige Prognosen.

...
Of our elaborate plans, the end
Of everything that stands, the end
No safety or surprise, the end
...
The Doors: The End









Sonntag, 18. August 2019

Dümmliches Pseudo-Dilemma


Ich erwische mich gerade in einem blödsinnigen Pseudo-Dilemma:

Einer Kollegin gegenüber hatte ich erwähnt, dass ich mich schon des Längeren und auch künftig und nicht zu knapp um die Betreuung von Familienangehörigen kümmern müsse und dass infolgedessen meine eigene Haushaltung und Gartenpflege nicht die angemessene Mühwaltung erhalte, was in Details spürbar werde.

Gerade hat besagte Kollegin mir mitgeteilt, ihr eigener Garten sei nun hinreichend gebändigt und wann sie denn bei mir üppendes Grün in die Schranken weisen dürfe.

Mein Dilemma: Wenn ich mir in einer Situation, in der ich überlastet bin, helfen lasse, bin ich außerstande, mich für die Hilfe zu revanchieren, weil ich ja - eben wegen der Überlastung - keine Gegenleistung erbringen könnte. Und ein materieller Ausgleich würde bestenfalls und zurecht als schwere Beleidigung aufgefasst.

Kurz & schlecht: Ich bin einfach unfähig, schlichte, freundschaftliche Nettigkeiten anzunehmen.

Das ergibt 10 Pluspunkte für Selbständigkeit, Eigenverantwortung etc., aber 200 Miese für anerzogene asoziale Verhaltensdispositionen

Was für eine niederschmetternde Selbsterkenntnis. Was für eine dümmliche Deformation!












Donnerstag, 15. August 2019

Man müsste mal ernsthaft...!


Man müsste mal ernsthaft fragen, warum die Verantwortlichen von heute.de völlig kritiklos eine auf den ersten Blick dümmliche, manipulative Studie der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft", des übelsten Konzern-Lobby-Thinktanks der Republik, veröffentlichen.

Man müsste auch mal fragen, warum die Verantwortlichen des "Deutschlandfunks" völlig kritiklos eine auf den ersten Blick dümmliche und manipulative Studie von YouGov, dem vollabhängigen Ableger von Blackrock, veröffentlichen.

Und:

  • Kann es wirklich unsere Aufgabe als denkende Menschen sein, da gegen an zu schreiben, wenn die professionelle Journaille ihren Job nicht macht? 
  • Hat eine Journaille, die nicht kritisch hinterfragt, überhaupt eine Existenzberechtigung, wenn sie sich doch nur zum hirnlosen Lautsprecher der wahren Mächtigen dieser Welt macht?
Mir fehlt gerade die Energie, mich immer wieder gegen so viel hochdotierten Schwachsinn aufzulehnen. 
  • Haben wir, hat die gute Sache also verloren?



(stark verändert via https://www.ende-gelaende.org/)

Nein, natürlich haben wir nicht verloren!










Freitag, 9. August 2019

Offener Brief an Trumps Statthalter in Doitschland


Moin, Herr Grenell,

nun haben Sie erneut damit gedroht, die USA könnten 50.000 Leute ihrer Truppen aus Deutschland abziehen und nach Polen verlagern und Sie haben den Eindruck erweckt, diese Aussage enthielte ein  Erpressungspotential gegenüber Deutschland. Ich will versuchen, Ihren peinlichen, grundlegenden Irrtum in möglichst einfachen Sätzen auszudrücken:

Es hat Zeiten gegeben, in denen die USA für uns Deutsche wichtig und ein Vorbild waren: Toleranz, Demokratie, Föderalismus, Emanzipation. Das war zwar immer schon ein Fake (vgl. Monroe-Doktrin, McCarthy, Rassismus etc.), aber wir haben uns gern damit betrogen, auf der Seite der "Guten" zu stehen. Das ist vorbei. Wir hängen nur noch gezwungenermaßen mit Euch Amis rum, weil unsere Konzerne damit einen goldenen Arsch verdienen. Objektiv betrachtet verhaltet Ihr Euch anderen Staaten gegenüber mindestens genauso feindselig, verlogen und hinterhältig wie Russland und China es tun. Euer Sympathie-Bonus ist dank D.T. unwiderbringlich verbrannt, und wir Deutschen schämen uns inzwischen ein bisschen, dass wir uns so eng an Euch rangewanzt haben.

Es hat auch mal Zeiten gegeben, da wir Euren militärischen Schutz vor "den Russen" gebraucht haben, jedenfalls war das die Propaganda-Lüge, mit der die erste deutsche West-Regierung so etwas wie neue soziale Kohäsion der Deutschen nach Nazi-Zeit und Befreiung schaffen wollte. "Die Russen" sind derzeit aber viel weniger aggressiv als Ihr, eine militärische Bedrohung geht eher von Euch als von "den Russen" aus. Mit der Kündigung des INF-Vertrages macht Ihr auch wieder einen auf Deutschland bzw. Europa begrenzbaren Atomkrieg denkbar, aus dem Ihr Euch jederzeit mit der Devise "America first" zurückziehen werdet, wenn es Euch opportun erscheint und nachdem Ihr bis zum letzten Europäer gekämpft habt.

An anderer Stelle wies ich bereits darauf hin, dass, wenn globale Sicherheit wie eine Dienstleistung eingekauft werden soll, Ihr bestenfalls ein Sicherheitsanbieter von vielen seid. Russland und China könnten da auch infrage kommen. Die sind zwar diktatorisch und böse, aber das seid Ihr, liebe Amis, in diesem Sinne auch.

Ich bitte nun also darum, dass die Rest-Besatzungstruppen der USA Deutschland wirklich möglichst schnell verlassen, ihre gesamte Infrastruktur, insbesondere ihre Atomwaffen, mitnehmen und die Örtlichkeiten, insbesondere die Großflugplätze, besenrein übergeben.

Die Rolle des speichelleckerischen europäischen Musterschülers haben wir Deutschen jetzt lange genug gespielt, die Polen sind allzu begierig, diesen Part zu übernehmen. Wir wünschen gutes Gelingen.

Hochachtungsvoll





(via wiki commons)







Dienstag, 6. August 2019

Zombies an der Macht


Der niedersächsische Umweltminister, der früher niedersächsischer Wirtschaftsminister war, feiert sich gerade - und wird von seinen P.G. gefeiert - weil er nach einer Bedenkzeit das lukrative Angebot, einem Bundes-Lobbyverband der Energiekonzerne vorzustehen, abgelehnt hat.

Mir ist völlig unbegreiflich, wie man da was Positives entdecken kann. Ich sehe einen skrupellosen Opportunisten, der weder fachlich für seine Ministerämter brennt -  denn dann könnte er nicht gleichermaßen die diametralen Umwelt- und Wirtschaftressorts bedienen - noch wirklich hinter seiner Verantwortung als Politiker steht - denn dann hätte es keiner Bedenkzeit bedurft, ob er seine Vernetzung in den Dienst der Konzerne stellt.

Olaf Lies ist das Paradebeispiel für die zombie-amöbenhaften Kreaturen, die bei uns Machtpositionen besetzen. Die Fremdscham, die uns überfällt, betrifft nicht nur seinen bedingungslosen Egoismus und seine dümmlich öffentlich zur Schau getragene Machtgier, sondern vor allem die Tatsache, dass er selbst überhaupt nicht merkt, wie sehr er sich immer wieder medienöffentlich desavouiert. Der Mann ist ein ethisches Desaster. Wie kann man den weiterhin mit Verantwortung betrauen? Wie wird er beim nächstbesten Angebot reagieren?


(verändert via wiki commons)






Samstag, 3. August 2019

Was passiert ist ...



Was passiert ist:
  1. Ich fahre nächtens mit dem Fahrrad um eine Kurve. 
  2. Der starke, aber relativ kleine Schweinwerferkegel meines Fahrrades erfasst eine im Innenradius der Kurve liegende Vertiefung nicht. 
  3. Ich breche mir die Nase.

Welche Ursachen die Leute sehen:
  • A.) Diese alten Säcke, die unbedingt e-bike fahren müssen! Die sind doch geistig und körperlich gar nicht mehr in der Lage, 25 km/h zu händeln!
  • B.) Kein Fahrradhelm!!?? Ja dann ...!
  • C.) Klar, besoffen vom Rad gefallen. So ein Idiot.

Diese Reaktionen stelle ich verkürzt und in absichtsvoller subjektiver Überspitzung dar. Es überraschte mich, dass die Kommentare der Gruppe A (e-bike, soso ...) mit gefühlten 90 % sehr deutlich überwogen, während B (Fahrradhelm) inhaltlich nur einmal auftauchte und C (besoffen) gar nicht. Ich habe C eigentlich nur deshalb aufgeführt, weil das meine eigene Reaktion gewesen wäre, wenn ich Außenstehender gewesen wäre und mir selbst bei der Schilderung des Unfalls zugehört hätte. 

Wir können aus diesem Ergebnis Hypothesen zur Wirksamkeit von je aktuellen Denkmustern (neudt.: Frames) des öffentlichen Diskurses ableiten. Es tobt (mehr oder weniger) die mediale Auseinandersetzung um e-Roller, e-Scooter, e-cetera. Das haben die Leute in den Köpfen, und dann kommt einer und bricht sich die Nase in Anwesenheit eines e-bikes. Der Fall ist klar, eine weitere Forschung nach Ursachen zwecks künftiger Fehlervermeidung unnötig.

Meine Auslassung über einen zu kleinen Lichtkegel der Frontbeleuchtung könnte natürlich nur eine ganz billige Ausflucht sein. Was aber, wenn nicht? Gibt es in diesem Fall überhaupt eine Chance, jenseits der Ursachen-Hypothesen A - C Fehleranalyse zu betreiben? Oder schlägt das "Law of the instrument" erbarmungslos zu? Wenn wir drei griffige Erklärungen zur Hand haben, warum sollen wir dann weitersuchen? Spannende Frage. 








Was ich gerne richtigstellen würde:

  • A. 25 km/h ist die Geschwindigkeit, bei der e-bikes auf gerader Strecke abregeln. Ich war aber gerade erst losgefahren, meine Geschwindigkeit entsprach Jogging-Tempo. Ich bin 57 Jahre alt, Autofahrer  und Hobby-Pilot, das Energie-Management motorisierter Systeme ist mir eigentlich geläufig.
  • B. Der fehlende Fahrradhelm ist ein Aspekt, den ich nicht von der Hand weisen kann. Ein normaler Helm hätte in diesem speziellen Fall zwar überhaupt nichts gebracht, weil ich mit einem Bereich des Gesichtsschädels aufschlug, der bestenfalls von Integralhelmen geschützt wird, aber egal. Ich plane die Anschaffung eines schlichten, billigen Fahrradhelms.
  • C. Ja, ich hatte Alkohol getrunken, aber nicht so viel, dass ich außerstande wäre, am Straßenverkehr teilzunehmen, ohne andere und/oder mich zu gefährden. 




Letzte Meldung: Es gibt tatsächlich einen Fahrradhelm, der mir möglicherweise Einiges erspart hätte, den

"Airoh Terminator 2.1 Cleft offroad multicolor"

Scheiß was auf die Sicherheit, allein des Namens wegen müsste man sich so ein Teil kaufen. Mit 223,99 Euro kommste billig bei weg.


(stark veränderte Darstellung. ) 
Mit dem Ding auf dem Kopf in der Öffentlichkeit Fahrrad fahren? Ich wiederhole: Sooo hacke war ich gar nicht! Außerdem hätte ich mir dann wahrscheinlich das Genick gebrochen und nicht nur die Nase...









Samstag, 27. Juli 2019

Taktisch sinnvolle Nullnummer


Gestern Arbeiten an einem Bahnübergang in Wittmund. Automatische Steuerung der Bahnschranken durch manuelle Steuerung ersetzt. "Ewige" Wartezeit, ohne dass ein Zug kommt. Der menschliche Schrankensteuerer wird offenbar von einem Autofahrer gefragt, warum das so lange dauere, denn er bölkt zurück - und ich höre nur diese Antwort: "Ja, das ist eben manchmal so!"






Die Szene hat was:

Der Knabe an der Steuerung lügt: Das ist nicht manchmal so. Jedenfalls nicht, wenn die Schranken automatisch gesteuert werden.

Fragen:
  • Ist eine automatische Schrankensteuerung intelligenter als ein / dieser Mensch?  
  • Hat der menschliche Schrankensteuerer vielleicht einen Anfall krankhaften Machtrausches nach dem Schema "HARRRHARR! Ich lege den Verkehr in Wittmund lahm! Sonst trampeln immer nur alle auf mir rum, weil ich so ein blöder Idiot bin, aber jetzt zeige ich's Euch, Ihr Schweine!"
  • Ist der Typ einfach over-committed und inkompetent?


Interessant ist die Aussage "Ja, das ist eben manchmal so!" auch, weil sie natürlich überhaupt keine logische Information enthält. Gerade dadurch wird sie so vielseitig anwendbar, da der Empfänger der Botschaft gezwungen wird, eigene Hypothesen über die Ursachen der Verzögerung zu entwickeln. Durch den kreativen Akt, die von dem Schrankensteuerer absichtlich hinterlassene explanatorische Nullstelle zu füllen, bekommt jede selbst-ersonnene Erklärung einen gefühlt höheren Wahrheitswert.

Zu theoretisch? Beispiel:  Nehmen wir an, der Schrankensteuerer antwortete: "In dem Moment, als ich die Schranken schloss, wurde der Zug von Außerirdischen entführt. Nach einer Reise durch die Wurmlöcher dieses und einiger benachbarter Universen wird er aber gewiss gleich wieder auf die Schienen gesetzt und mit vergleichsweise geringfügiger Zeitverzögerung an uns vorbeirauschen." Das ist eine schlechte Antwort. Zu kontrollierbar. Da gibt es zu viel konkret fassbare Verantwortliche.

Wenn ich allerdings keine inhaltsreiche Antwort bekomme, beginne ich selbst zu denken: "Hm, da wird wohl irgendwas in der Kommunikation schiefgelaufen sein. Vielleicht sind die Funkgeräte nicht in Ordnung. Bei dieser Hitze kann das ja passieren ...", dann glaube ich mir natürlich eher, weil ich mich ja selbst bemüht habe, eine möglichst glaub-hafte Erklärung zu basteln.

Nein, nein, der Mann hat vortrefflich reagiert. Ich werde diese Taktik in mein aktives Repertoire aufnehmen. Bring die Menschen dazu, sich selbst zu belügen, und Dein ist die Macht und die Herrlichkeit in Ewigkeit ...

Politik und Religionen funktionieren prima so.




























Samstag, 20. Juli 2019

Übersprungsgedanken


Oijoij-joi, ich hadere immer noch mit meinem weiteren Verbleib im Philologenverband. Sich gewerkschaftlich zu organisieren, halte ich für wichtig, denn Gewerkschaften sind für das Funktionieren einer sich als "sozial" verstehenden Marktwirtschaft unerlässlich. Verflucht seien die "Trittbrettfahrer". Aber wir Gymnasiallehrer*innen haben eigentlich nur die Wahl zwischen Philologenverband und GEW, und gefühlt liegt meine inhaltliche Übereinstimmung in beiden Fällen irgendwo bei knapp 40 Prozent, mit einem nur leichten Plus für die Philologen. Anders gesagt: Über die Hälfte dessen, was die für mich zuständigen Gewerkschaften machen, halte ich für falsch.

Und da es für mich keine Option ist, keiner Gewerkschaft anzugehören, stecke ich in einem  verdammten Dilemma ...

Und was macht man angesichts derartiger Dilemmata? Genau: Übersprungshandlungen! Und das bedeutet heutzutage: Klicken wir doch mal hirnlos durch's Internetz. Was ist "Philologie" überhaupt? Wikipedia is your friend ...

Soso ...

aha ...

hmhm ....

hm.

Ja, das mag ja alles gut und richtig sein, hilft mir aber - wie jede Übersprungshandlung - kein Stück weiter. Und hat mit dem "Philologenverband" praktisch überhaupt nichts zu tun. Also muss man mal wieder selber ran, selber denken, und - o Graus! - eine eigene Position, eine eigene Definition erarbeiten.

Beginnen wir bei der ursprünglichen Bedeutung des Wortes "Philologie". "Liebe zum Wort". Das  kann natürlich so nicht stehenbleiben, das klingt viel zu sehr nach fruchtloser "Laberei ohne Ende", genau das, was man Lehrer*innen ja zuweilen vorwirft. Was für'n Blödsinn. Spontan würde ich die Übersetzung "Liebe zur Wahrheit / Weisheit" bevorzugen, aber da kollidieren wir mit "Philosophie", und das ist mir ein verhasster Begriff, weil er so viel akademisch-dümmliche Arroganz, so viel Elfenbeinturm, Nutzlosigkeit und pseudowissenschaftlich verpackte Beliebigkeit transportiert. Das geht gaaar nicht.

Kombinieren wir also die Dinge! Sagen wir also: Philolog*innen sind Leute, die, jede*r für sich, auf der Suche nach Wahrheit / Weisheit sind und die es für eine prima Idee halten, sich mit anderen, die dasselbe Ziel haben, zwanglos auszutauschen. (Deshalb die "Liebe zum Wort".) Ich genieße es sehr, mit Leuten, die nicht ganz doof sind, die neugierig sind und in vielen verschiedenen Bereichen irgendwas wissen, dieses Wissen zu verknüpfen wissen und mit diesem Wissen also auch fruchtbar operieren können, zu reden. Dabei ist's völlig wurscht, ob das frischgebackene Abiturient*innen sind, ob Kolleg*innen, ob Gerüstbauer*innen oder Astrophysiker*innen, ob jung, ob alt ...

Ja, ich glaube, das sollte die künftige Übersetzung von "Philologie" sein: Nicht ganz doof, grenzenlos universell neugierig und auf eine rücksichtsvoll-zurückhaltende Art freudig kommunikativ. In so einem Verband wäre ich gerne Mitglied ... (Konj. irrealis)





Groucho Marx: 
"I don't want to belong to any club that will accept me as a member!"













Sonntag, 14. Juli 2019

Bessere Menschen


Typische Mistwetter-Tätigkeit am Sonntag: Papierne Altlasten entsorgen. Dabei wiederentdecke ich in tieferen Sedimentationsschichten Volker Gringmuths ganz hervorragende Unterlage "Sprechfunk für Ultraleichtflieger" und dort auf Seite 4 folgenden Passus:



Einklich (Wortspiel) geht es darum, dass Du als Pilot, auch wenn Du Informationen von anderen Luft- oder von Bodenfunkstellen erhältst, letztendlich immer selbst entscheidest und verantwortest, was Du tust.

Mir ist beim Lesen wieder aufgefallen, dass dieser Aspekt mich an der Fliegerei mindestens ebensosehr fasziniert, wie die Luftfahrerei an sich. Ich glaube, ich wäre auch ein guter Jäger oder Hochsee-Segler oder, wenn ich nicht zu alt, zu fett und zu unsportlich wäre, Extrembergsteiger.

Das Prinzip ist immer gleich: Du bereitest Dich sorgfältig und intelligent [*1] vor, Du machst Dein Ding, niemand kann Dir reinlabern. Und wenn die Chose funktioniert, hast Du ein unvergessliches Erlebnis. Und wenn Du Mist baust, kriegst Du fürchterlich welche in den Nacken und kannst sogar sterben. 

In unserem zivilisierten Leben tendiert dieser Aspekt der klaren, direkten, persönlichen Verantwortung immer mehr gegen Null. In der vielzitierten "Neuen Unübersichtlichkeit" können Fragen der Ethik und damit der persönlichen Schuld so lange diskutiert werden, bis keine messbaren Rückstände übrig bleiben. So etwas wie Schuld oder wie persönliches Versagen kann dadurch nicht mehr zugewiesen werden. Umgekehrt entfällt damit aber auch jede Basis für größere persönliche Wertschätzung.

Piloten, Jäger, Hochseesegler, Extrembergsteiger etc. sind selbstverständlich keine besseren Menschen, da gibt es genau so viele Vollidioten, wie in jeder menschlichen Gemeinschaft. Aber man merkt Menschen ziemlich schnell an, ob sie zu der Subspecies der Eigenverantwortlichen gehören oder ob sie eher dazu neigen, persönliche Verantwortung von sich weg-  und stattdessen lieber "Gott", "die Ausländer", "die Politik", "die Umstände" vorzuschieben.

Ich komme besser klar mit jenen, die - mit allen Vor- und Nachteilen - die gute, alte, archaische Verantwortung hochhalten.






(verändert via wiki commons)
"Fliiieegaaaa, grüß' mir die Sonnäääh ..."





[*1] Der Hinweis "sorgfältig und intelligent" ist sehr wichtig! Es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen der Fliegerei, der sichersten Art von Fortbewegung auf diesem Planeten und, sagen wir, illegalen Straßenrennen, bei denen hirntote, testosteronverseuchte Spätpubertierende sich und vor allem Andere gefährden. Wer sich absichtlich unkalkulierbaren Risiken aussetzt, um einen Kick zu kriegen, ist weder ein Held noch verdient er Mitleid, wenn der Risiko-Fall dann eintritt. Piloten, die vermeidbare Risiken eingehen, rangieren im Ansehen unter Ihresgleichen hinter Ratten, Klapperschlangen und selbst noch hinter Plittikörrn!