Mittwoch, 13. Mai 2015

Die dunkelste Seite der Provinz


Der Harlinger Anzeiger - jeden Morgen hasse ich ihn ein bisschen mehr wegen seiner allzu offensichtlichen, dummen, unkritischen Spießigkeit, wegen seiner primitiven Parteinahme (ausgerechnet für die FDP!!!), wegen seiner erbärmlich schlechten journalistischen Qualität, wegen der zunehmend auf prominente Seiten wuchernden Werbung - und vor allem: wegen der Ausweglosigkeit.

Ich liebe die Region, in der ich lebe, brauche ganz gewiss kein Stadtleben (und wenn doch, fahre ich mal kurz hin), aber dass es außer diesem Drecksblatt keine vernünftige Alternative gibt, keine Tageszeitung, die den Geist nicht alltäglich frühmorgendlich beleidigt, das ist ein hartes Los, ein hoher Preis für das Landleben.

Warum kündige ich nicht das Abo? Habe ich auch schon mal gemacht, aber ohne Tageszeitung zum Kaffee? Überlegte auch schon, ob mein Verhältnis zum Harlinger vielleicht wie das eines alten, vergrätzten Ehepaars ist: Man hasst sich, aber die Gewohnheit siegt. Oh nein! Wenn es eine eingermaßen normale Alternative gäbe, dann wäre ich mit fliegenden Fahnen auf und davon. Gibt es aber nicht. Die anderen Zeitungen, ich habe mich mehrfach erkundigt, können nicht bis 06:00 liefern. Und die Zusteller des Harlingers, das sind Spitzenleute, nett und zuverlässig ohne Ende, der einzige Lichtblick.

Was also tun? Zwangsweise bleibe ich Abonnent. Anders geht's ja nicht. Aber je stärker der Zwang, je tiefer empfunden die Alternativlosigkeit, desto mehr lehne ich mich dagegen auf. Drehen wir den Spieß also um: Von heut' an sei der Harlinger die offene Flanke des Feindes, das Schaufenster, in dem die schlimmsten, die piefigsten, degoutantesten Merkmale der Stadt und des Erdkreises sich mir offenbaren sollen.

Denn in Wirklichkeit sind die Menschen hier keine erzkonservativen Vollidioten, zumindest nicht mehr und nicht weniger als an jedem anderen Ort der Welt auch. Diesen Eindruck erweckt nur der Harlinger. Und richtet damit Tag fürTag einen Image-Schaden an, der unermesslich ist.

(Kästner: Schildbürger - via wiki commons)
So, liebe Leute vom Harlinger, sind wir eben NICHT! Hört gefälligst auf, ein Bild von der Region zu zeichnen, in dem wir LeserInnen dastehen, wie die letzten Hinterwäldler-Vollpfosten!




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