Dienstag, 2. Januar 2018

Kurzfassung und Neudefinition


Der weiter unten stehende Text ist viel zu lang.

Es geht um die uralte Frage des freien Willens. Ist menschliches Verhalten durch unsere Biochemie vorherbestimmt oder sind wir in der Lage, unser Verhalten auf der Basis von Ethik und Vernunft zu steuern? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, der philosophische Diskurs läuft auf ein lauriges "teils, teils" hinaus, mit dem niemand was anfangen kann.

Meine Antwort: Falls wir uns selbst den freien Willen absprechen, kann sich Jede/r benehmen, wie die Axt im Walde. Konzepte der Eigen-/ Verantwortung und Ethik wären damit außer Kraft, weil ich jedes Scheiß-Verhalten auf biochemische Ursachen zurückführen kann.

Daher schlage ich folgende Neu-Definition des Begriffes "Mensch" vor:

"Lebewesen, das je individuell für sich entschieden hat, einen freien Willen zu haben und also Eigenverantwortung mit allen Konsequenzen übernimmt und einverstanden ist, sein Verhalten an den Maßstäben der Vernunft und Ethik messen zu lassen und selbst zu messen."

Das Gute an dieser Definition ist die Wahlmöglichkeit. Wer sich besser damit fühlt, als triebgesteuerter, fundamentalistischer Vollidiot und RTLII-Gucker durch die Welt zu gehen, darf das machen. Dann liefert sie / er sich ein für alle Mal seiner Biochemie aus, womit Viele glücklich sind.

Menschsein bedeutet aber etwas anderes. *




Dumm aber glücklich! An dieser Entscheidung ist nichts zu kritisieren!




* Ich will das überhaupt nicht bewerten. Echt nicht! Es gibt Männer, die unglücklich im Körper einer Frau geboren und gefangen sind, und umgekehrt. Warum soll es nicht auch Wesen geben, die im Körper eines Homo sapiens geboren sind, aber ein erfülltes Leben nur als Gorilla oder Damhirsch führen könnten? Diese Nummer mit der Vernunft und der Eigenverantwortung ist nichts für Jede/n, dafür gibt es reichliche Beispiele.








Montag, 1. Januar 2018

Positionsbestimmung 2018






Leseempfehlungen auf weblogs sind immer pottenlangweilig. Aber ehrlich gesagt: Diskussionen über Gott und die Welt würde ich künftig ein Klitze-Bisschen lieber mit Menschen führen, die "Homo Deus" von Y.N. Harari gelesen habe, als mit jenen, die vielleicht noch nicht so einen aktuellen, gut strukturierten Überblick über die wirklich kniffligen Fragen unserer eventuellen zukünftigen Existenz und die jeweiligen unterschiedlichen, gültigen Denkansätze dazu haben. (Alles Weitere hier.)

Größeres Kompliment ist für so einen Schinken kaum denkbar. Aber das bedeutet nicht, ich wäre mit Allem einverstanden, was Harari schreibt, und ich bin auch nicht sicher, Alles immer ganz richtig verstanden zu haben.

Zum Beispiel die Sache mit den "organischen Algorithmen". Harari referiert über mehrere Kapitel und durchaus stichhaltig naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse, die nahelegen, der Mensch sei, wie alle Lebewesen, nichts weiter, als eine organische Turing-Maschine, nur eben sehr, sehr komplex, allerdings auch nicht so komplex, dass wir uns weiterhin einbilden sollten, es gäbe eine Seele oder ein unveränderbares inneres Wesen, das uns ausmache, uns zu dem Individuum mache, das zu sein Jede und Jeder für sich beanspruche. Diese Seele-Wesen-Individuum-Konzepte seien überflüssige  Erzählungen, denen wir aber, da sie ja Teil unserer Programmierung seien, nicht entrinnen könnten.

Und da wir eben nur seelenlose organische Algorithmen seien, und da sich die technischen Algorithmen im Gegensatz zu uns rasend schnell entwickeln, werden sie uns eines nahen oder fernen Tages ein- und überholen, ihre Algorithmen werden noch komplexer, d.h. noch intelligenter sein, so dass von einem spezifisch menschlichen Alleinstellungsmerkmal nichts übrig bliebe und wir uns also in die Obhut, sprich: unter die Herrschaft der Maschinen zu begeben hätten - nach der selben Logik, mit der wir uns derzeit anmaßen, Tiere und eigentlich die gesamte Rest-Natur zu "beherrschen", genauer: gnadenlos auszubeuten.

Harari lässt uns über viele spannende und lesenswerte Kapitel in diesem Gedanken zappeln, erst ganz am Ende spinnt er daraus den dringenden Hinweis auf eine Wahlmöglichkeit, die wir doch, bitte, endlich realisieren sollten. Das ist dramaturgisch ganz geschickt gemacht.

Aber ...

Ich dachte, wir hätten diese Sache mit dem positivistischen Welt- und Menschenbild längst überwunden. Ja, man kann ein Ölgemälde bis auf die atomare Ebene auseinandernehmen und man wird keinen Fitzel Kunst, keine Ästhetik und keine Aussage darin finden. Ja, man kann den menschlichen Körper sezieren, und man wird keine Seele, kein innerstes Wesen und kein Individuum finden.

Und ja, um darüber nachzudenken, was den Mensch zum Menschen macht, gab es immer schon ulkige Denkmodelle, wie und womit der Mensch zu analogisieren sei, und alle Analogien waren immer von ihrem Zeitgeist abhängig und allesamt waren falsch oder zumindest äußerst defizitär.


(Kahn F. 1931 - via wiki commons)

Nun leben wir also nicht mehr im Industriezeitalter, in dem der Mensch als "Industriepalast" erklärbar war, sondern im Informationszeitalter (oder was auch immer), und da wird der Mensch eben zum organischen Algorithmus. Das klingt alles so alt und wohlbekannt und längst widerlegt.

Und kann es wirklich wahr sein, dass die von Hariri zitierten "Biowissenschaften" folgendes völlig bescheuerte und ärgerliche und ausgelutschte Argumentationsschema fahren "Du kannst die Wahrheit nicht erkennen, denn es ist ja Deine Programmierung, die Wahrheit nicht erkennen zu können, und indem Du UNS widersprichst, gibst Du UNS jedes Mal Recht!"? Wie scheiße ist das denn!? Was für ein billiger, bronzezeitlicher, fundamentalistischer Zirkelschluss geht denn hier ab!?

Ich hätte nicht gedacht, dass das im Jahre 2018 noch nötig wäre, aber ich bin zu lange Pauker, um von intellektuellen Rückfällen noch besonders schockiert zu sein, meine eigenen eingeschlossen.

Nun denn! Wiederholen wir noch mal kurz einige der Gründe, die uns Menschen das Recht auf eine Seele oder ein innerstes Wesen und / oder Individualität und / oder irgendein anderes Etwas gibt, das mehr ist, als nur die Summe unserer Elemente:

1. 1641 stellte Descartes fest "Ich denke, also bin ich." oder ausführlicher „Da es ja immer noch ich bin, der zweifelt, kann ich an der Existenz dieses Ichs, selbst wenn es träumt oder phantasiert, selber nicht mehr zweifeln.“ Bezogen auf die von Hariri zitierten Aussagen zur Nicht-Existenz eines Individuums übersetzen wir: Ihr könnt mit großkotzig-postmodernem Wegwerf-Gestus oder frühneuzeitlichem Positivismus natürlich auch die Institution des zweifelnden, d.h. denkenden Ichs verschrotten, aber dann habt Ihr GAR NICHTS mehr, und dann erklärt mir bitte mal, wer diesen letzten Satz geschrieben hat.

2. Humor. Nicht gemeint sind Ausdrucksformen von Freude und Glück. Die Fähigkeit zu, beispielsweise, subtiler Ironie ist nicht als evolutionär stabilisierte Verhaltensdisposition, oder wie Hararis "Biowissenschaftler" sagen würden: organischer Algorithmus, erklärbar.

3. Schuld. Dass soziale Normen evolutionär vorteilhaft sind, steht außer Frage. Aber das Empfinden persönlicher, d.h. einem Individuum (!) zurechenbarer Schuld ist evolutionär nachteilig. Skrupelloses Verhalten ist im Hinblick auf Fortpflanzungserfolge nachweislich ungleich stabiler.

4. Kein gutes Argument, aber: Wenn es keine Seele, kein inneres Wesen, kein Individuum gibt, mit wem, zum Geier, rede ich dann seit über 50 Jahren in inneren Monologen? Mit wem habe ich Mitleid, wenn ich in Selbstmitleid bade? Wen verfluche ich, wenn ich Mist gebaut habe?

5. Pragmatisches Argument zum Schluss: Wenn die algorithmischen Einheiten der Spezies Homo sapiens wirklich nur organische Algorithmen sind und sie sich in naher oder ferner Zukunft in Konkurrenz, ja, in einem Machtkampf mit schnell evolvierenden technischen Algorithmen befinden werden, die tatsächlich keine hinderlichen, überflüssigen Konzepte von "Ich", von Humor, Schuld und Zweifel kennen, dann gibt es drei mögliche Szenarien:
5.1 Die Menschheit verliert den Machtkampf und geht unter, endet bestenfalls als Sklavenvolk der intellektuell überlegenen Maschinen.
5.2 Die Menschheit überwindet die Konzepte von innerem Wesen, Individualität, von Humor, Schuld und "Selbst", kann sich auf diese Weise in der Konkurrenz mit den Maschinen behaupten, hat aber alles Menschliche aufgegeben und ebenfalls aufgehört, als Menschheit zu existieren.
5.3 Die Menschheit bleibt bei den Konzepten von innerem Wesen, von Individualität, Schuld, Humor und Selbst und befeuert sie sogar noch, weil sie nämlich weiß, dass das genau die Dinge sind, die Maschinen niemals werden lernen können und die uns so wahnsinnig überlegen machen.


Die Menschen sind was Besonderes, sie haben im Laufe ihrer Evolution Systemeigenschaften entwickelt, die sich zwar der naturwissenschaftlichen Erkenntnismethode entziehen, aber trotzdem ungeheuer wirkmächtig sind. Daraus ist allerdings nicht zu folgern, dass wir Krone oder Schlussstein der Evolution seien oder dass wir NICHT gerade auf dem besten Wege seien, uns durch unsere eigene Beschränktheit selbst aus der Geschichte zu kicken oder dass das, was wir gerade mit unserem natürlichen Lebensraum machen, irgendwie schlau oder nett wäre.






"Wir haben Angst und sind allein.
Gott weiß, ich will kein Engel sein!"
(Rammstein)























Samstag, 30. Dezember 2017

Ist nicht Alles schlecht ...




Heute noch bisschen den Hangar aufgeräumt, wo Anno und ich gerade den neuen Tank in mein Flugzeug einbauen. (Also, Anno baut, weil er der Luftfahrt-Ingenieur ist, und ich mache die Hiwi-Arbeiten, weil ich der Weitgehend-Ahnungslose bin ...) Anschließend war ich noch in zwei Läden einkaufen, unter anderem, um mich zum Kauf einer neuen HiFi-Anlage beraten zu lassen.

Und als ich zu Hause ankam, stellte ich fest, dass ich die ganze Zeit die knall-lila Haarnadel im Haar trug, die ich derzeit, wenn ich alleine vor mich hinwerkele, gerne trage, weil mein Pony gerade wieder so lang ist, dass er auf der Stirn und in den Augen nervt, aber noch nicht lang genug, um ihn schon mit einem Haargummi als Pferdeschwanz einzufangen.

Was ich als hoffnungsvolles Zeichen ansehe: Niemand, wirklich niemand, hat darauf reagiert! Das finde ich gut, und mir ist es völlig schnuppe, ob, und wenn ja was die Leute möglicherweise, vielleicht und eventuell gedacht haben könnten. Fakt ist, dass ich NULL Reaktion erfuhr.

Mag sein, dass das jetzt wie 'ne Binse klingt, dass die Leute es heutzutage eher tolerieren, wenn ein alter Sack wie ich mit 'ner quietschbunten Haarspange rumläuft. Aber ich möchte das nicht gering schätzen. Vor dreißig, vierzig Jahren hätte es dümmliche Reaktionen gegeben, da bin ich ziemlich sicher.

Gerade weil in der Welt und in Europa derzeit so viele Machthaber samt ihren Speichelleckern zurückrudern in die 1950er, in die 1910er oder am besten gleich ins Mittelalter, finde ich diese scheinbar banale Feststellung wichtig: Es gibt auch immer noch die Mehrheit, die auf dem Weg in die entgegengesetzte Richtung ist!

Nil desperandum!












Donnerstag, 28. Dezember 2017

Mögliche Lösung für Nahost-Konflikt!


Endlich mal ein richtiger, taktisch kluger Schritt im Nahost-Konflikt: Der furz-nationalkonservative Transportminister Israels, Israel Katz, will eine demnächst zu errichtende Bahnhaltestelle in unmittelbare Nähe der Klagemauer in Jerusalem nach Donald Trump benennen, weil der sich ja um die völkerrechtswidrige Anerkennung Jerusalems als Reichshauptstadt Israels so verdient gemacht habe.

Ich finde die Idee gut, denn sie hilft, diesen ganzen ultrareligiös aufgeladenen Bereich zu entzaubern und zu säkularisieren. Klagemauer, al-Aqsa-Moschee und Felsendom sind niemals in ihrer Geschichte mehr gewesen als Kristallisationspunkte für die geifernde, psychopathologische Machtgier kranker alter Männer. So wie Flußpferdmännchen Ihre Reviergrenzen vollkacken, um anderen zu signalisieren "Wenn Du diese Grenze überschreitest, herrscht Krieg!", so dünsten Religionen Heiligtümer aus, um bei Bedarf einen Grund zu haben, Andersgläubige niederzumetzeln.

Wenn jetzt einer von diesen dummen, egomanischen Macht-Habern, ein aktueller noch dazu, dort namentlich verewigt wird, werden andere bald nachfolgen: Neben der Moschee wird der "Prince-of-Saudi-Arabia-Airport" hingeferkelt, dann wollen die Iraner natürlich mindestens die "Chamenei-Subway-Station", und vor der Klagemauer ist noch reichlich Platz für einen Supermarkt, die "Benny-Netanjahu-Wall-Mall"; Den Felsendom ziert der Daimler-Stern-von-Bethlehem und seitlich blinkt meterhoch die Cola-Werbung ...

Und in einer Generation wird die Welt auf diese Symbole der Hybris und der Lächerlichkeit schauen, auf diese Stätte des Wahnsinns und der Verlogenheit, und nichts empfinden als verständnislosen Ekel.




(via wiki commons)

Also, städtebaulich in da ist da noch 'ne Menge mehr drin: Links das "Putin-Park-'n-Ride-Parkhaus", oben ein McDonald's-Flagship-Store mit den Geschmacksrichtungen "koscher", "halal" und "standard" ... 'chgottchen, wenn man einmal anfängt, drüber nachzudenken ...

Hauptsache, der bisherige Schwachsinn hört endlich auf.






Sportsgeist!



Sieh an, sieh an. "Top-Spielerin boykottiert Schach-WM in Saudi-Arabien wegen Kleidervorschriften für Frauen" titelt DLF und berichtet, dass nicht nur Anna Musytschuk, sondern gleich ein paar mehr WeltklassespielerInnen die Veranstaltung wegen der Menschenrechtslage in S.A. boykottierten. Und gleich darunter "Einreise verweigert - Israelis dürfen nicht zur Schach-WM in Saudi-Arabien".

Ja, ja, die erste Frage ist natürlich, warum SchachspielerInnen Mut, Anstand und Verantwortungsbewusstsein genug haben, derartige Entscheidungen zu treffen und zum Beispiel unsere heilige Fußball-Nationalmannschaft nicht, und die banal-bekannte Antwort ist natürlich, dass  Fußball, insbesondere internationaler Fußball, eine global durch und durch korrupte Veranstaltung * ist, bei der es ausschließlich um sehr viel Geld und absolut überhaupt nicht um Ethik geht.

Soweit, so banal. Mich interessiert aber viel mehr die Frage, wie die SchachspielerInnen klarkommen, die da trotz allem hinfahren. Was ist das für ein Gefühl, an einem Wettkampf teilzunehmen, von dem Menschen aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen ausgeschlossen worden sind? Oder zu wissen, dass die eigene Teilnahme eigentlich nur möglich ist, weil man so stumpf fähig ist, ethische Aspekte, wie Menschenrechtsverletzungen, Terrorunterstützung etc. vollständig zu ignorieren? Wie werden sich die "Sieger" dieser Wettbewerbe fühlen, wenn ihnen doch klar sein muss, dass das Ergebnis völlig anders hätte aussehen können, wenn entweder alle SpielerInnen ethisch richtige Entscheidungen getroffen hätten oder zumindest die Location offener, toleranter, demokratischer, humanistischer gewesen wäre? Kann man so einen Siegpokal überhaupt vorzeigen? Oder stellt man sich da nicht viel mehr den konkreten Beweis der eigenen Korrumpierbarkeit in den Schrank?

Normalempfindende Menschen würden vor Scham im Boden versinken.

"Es gibt kein richtiges Leben im falschen." (Adorno)

 


Olympia 1936 - Hauptsache, alle haben ihren Spaß!





* nota bene: Von "Sport" ist hier nicht die Rede!




Mittwoch, 27. Dezember 2017

Schnappschuss-Gedanken


Oh Scheiße! Neulich hat eine Kollegin ein Bild von mir geschnappschusst, auf dem ich so richtig teigig, faltig, fertig und alt aussehe, so als wäre ich nicht Mitte 30, sondern Mitte 50. Gut, laut Personalausweis und allen relevanten ZeugInnen BIN ich rein rechnerisch tatsächlich Mitte 50, aber das war bislang noch lange kein Grund, mich auch so zu fühlen - auch nicht im Winter, wenn man ohnehin immer noch käsiger, fetter, unbeweglicher und depressiver ist als normalerweise ...


Ja, ich habe das Bild ein wenig nachbearbeitet, um klarzumachen, was ich meine. Aber nur ganz allgemein mit Kontrasten und so ... Den Rest erledigen das Alter, der trübe Winter und das eiskalte, psychotische LED-Sparlampen-Großraumbeleuchtungs-Neonlicht.

Aber lassen wir mal die selbstironisch geschauspielerten Eitelkeiten beiseite: Ich fühle die Last der Jahre nicht in erster Linie körperlich, sondern geistig. Innerhalb von 55 Jahren, so stelle ich mit zunehmender Häufigkeit fest, hat man schon so viele Fehler gemacht, darunter auch so viele heftige Fehler, dass man ein Idiot sein müsste, wäre man aus ihnen nicht auch ein kleines Bisschen weiser geworden.

Und man hat so viel auf die Fresse gekriegt, metaphorisch gesprochen, dass es immer leichter fällt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und dass man, sofern man, wie gesagt, kein Idiot ist, die ersten embryonalen Kristallisationspunkte dessen erahnt, was bei weiterer mählicher Reifung zu einem eigenen in sich geschlossenen Weltbild werden könnte. 

Nee, ich möchte nicht nochmal 25, 35 oder 45 sein, und erst recht nicht 15. Weniger fett, ja, aber sonst?

Alles ist gut!










Montag, 25. Dezember 2017

Trefflich fein


Soso, Guatemalas Präsident hat jetzt via Fehsbuck angekündigt, er werde Trumps Vorbild folgend die guatemalesische Botschaft in Israel nach Jerusalem verlagern, um den entsprechenden  völkerrechtswidrigen Vorstoß US-Israels zu unterstützen.

Natürlich fallen uns spontan 500.000 Zynismen ein, die die bisherige Rolle Guatemalas im Nahost-Konflikt von den Anfängen bis zur Gegenwart betreffen. Nach vielem Klamauk kämen wir endlich zu dem gemeinsamen Schluss, dass hier wieder nur ein weiterer machtgeiler, nationalistischer, korrupter Anti-Demokrat dem obermächtigen Trump in den Arsch kriecht und dass Guatemalas Einfluss auf die Geschicke dieses Planeten so erbarmungswürdig gering ist, dass selbst das Arschkriechen seines Präsidenten als symbolischer Akt uns peinlich berührt.

Immerhin denken auch die Tschechen darüber nach, ihre Botschaft zu verlagern. Damit hätte Trump in der Sache weltweit schon fast zwei Verbündete. (128 Länder haben sich in der UN gegen die Aktion ausgesprochen, 35 waren nicht dagegen, ein bis zwei machen mit.) Wir werden natürlich nie erfahren, welche informellen diplomatischen Prozesse Guatemala und (fast) Tschechien zu ihrer Entscheidung motiviert haben, aber das spielt eigentlich auch keine Rolle, denn uns ist klar, dass es natürlich nicht um Jerusalem oder Israel oder Palästina geht, sondern ausschließlich um dreckige Machtspielchen ein paar weniger psychisch kranker, alter Männer.

Wir sollten derartige Dinge einfach nur registrieren. Lasst uns unbestechliche Listen führen. Wer kriecht bei Trump? Wer treibt noch Handel mit der Türkei? Wer mit Saudi-Arabien? Wer schafft die Errungenschaften freiheitlich-demokratischer Grundordnungen, weil nie wirklich verstanden, wieder ab?

Die Karte der Welt wird neu gezeichnet. Für Europa gilt:

  • Skandinavien, Benelux, Deutschland (ohne Bayern und Sachsen), Frankreich, Spanien (ohne Katalonien), Italien, alles keine ethischen Musterländer, aber doch Länder etwa gleichen Geistes. 
  •  Polen, Tschechien, Ungarn, Balkan, Weißrussland - Länder gleichen Geistes, entschuldigt, dass wir Euch in die EU aufgenommen haben, heute wissen alle Beteiligten, dass es ein Fehler war. Wir passen einfach nicht zusammen. Ach ja, und nehmt die Österreicher, die Bayern und Sachsen bitte mit, die denken wie Ihr. 
  • Britannien, Schweiz und Katalonien? Wir wünschen Glück auf ihrem Weg. 
  • Griechenland? Baltikum? Sollten sich, wie alle, entscheiden.
  • Türkei? Ist nicht Teil Europas, ist es nie gewesen.

Je eher wir diese Dinge konkret umsetzen, desto besser.






(stark verändert via bauernhof.net)
Die Spreu vom Weizen zu trennen, ist nicht wirklich schwer.












Donnerstag, 21. Dezember 2017

Döstädning - konsequentes Aufräumen


Die Schweden sollten das Namensrecht behalten: "Döstädning". Die amerikanische Übersetzung "Death cleaning" klingt viel zu marktschreierisch *1 und die deutsche Übersetzung "Todes-Aufrämen" viel zu morbid *2. Es geht schlicht darum, das eigene Leben zu vereinfachen, indem man die eigenen Scharteken so weit wie möglich reduziert und sie so einfach, schlicht und übersichtlich strukturiert, wie möglich. Als Maßstab, als Denkmodell sozusagen, könnte man sich permanent fragen, was man eventuellen Hinterbliebenen - oder wer immer Deinen Mist beseitigen muss - wohl zumutete, wenn man itzo, instantáneamente den Allerwertesten zukniffe.

Ich finde die Idee brilliant. Sie steht in bester philosophischer Tradition, der Erkenntnis, wie förderlich es doch sei, das eigene Leben alltäglich vom Moment des Todes aus zu denken, oder wie   Gellert sagte: "Lebe, wie Du, wenn Du stirbst, wünschen wirst, gelebt zu haben." oder, wie ich es lieber ausdrücke: "Im Augenblick Deines Todes, in jener endlosen Sekunde des Hinüberwechselns ins Was-auch-immer, wird Dir endlich die ganze Wahrheit, eine umfassende Erkenntnis bewusst. Und stell' Dir vor, Dir würde in diesem letzten Moment klar, dass Du Dein Leben vollständig verkackt hast, dass Du's mit nichtsnutzigen Dingen verplempert hast, immer nur falschen Idealen aufgesessen, idiotischen Zielen hinterhergerannt bist, dass Du gar nicht richtig gelebt hast, jedenfalls nicht das Leben, das eigentlich DEIN Leben gewesen wäre ... Mal ehrlich: Wie scheiße würde sich DAS in DIESEM Moment wohl anfühlen!?"

Naja, das ist, ernsthaft, jedenfalls eine sehr grundsätzliche Überzeugung von mir, eine, die man, da sie nicht beweisbar ist, aber trotzdem Auswirkungen auf meine Lebensführung hat, gerne auch als "religiös" bezeichnen darf ... Aber das führt uns jetzt doch weit vom Thema weg.

Was ich eigentlich sagen wollte: Brilliantes Konzept!

Und was ich ganz eigentlich sagen wollte: Habe heute einen großen Schritt getan, alle (!) meine Finanz-Sachen bei einem einzigen, örtlichen Institut unterzubringen. Angesichts der in den vergangenen Jahrzehnten "gewachsenen Strukturen" ist das eine Aufgabe mit dem Charme und der Komplexität einer Herz-Lungen-Transplantation, und etwa genau so lustig - aber das Ziel fühlt sich guuut an!









*1 Dafür eignet sich diese Sprache ja auch allzu gut.
*2 siehe *1







Dienstag, 12. Dezember 2017

Save Oberst Holstein


Eine der skurrilsten, schrulligsten und einprägsamsten Figuren der Filmgeschichte ist für mich der herrlich bekloppte Oberst von Holstein aus den "tollkühnen Männern in ihren fliegenden Kisten", GB 1965, dargestellt von Gert Fröbe.




Ja, er ist ein Kind seiner Zeit, ein Militarist, wie er in den 1910er Jahren - nicht nur in Deutschland - im Buche stand.
Ja, er ist ein bisschen beschränkt, ein bisschen ignorant, und er neigt dazu, Marschmusik zu grunzen.
Ja, er wird im Film, stellvertretend für das Preußentum, herrlich trivial veräppelt, und die Flieger Frankreichs, Englands und der USA sind insgesamt viel cooler und tiefentspannter, und die Vertreter Italiens und Japans auf die eine oder andere Weise auch viel netter und menschlicher.
Ja, am Ende scheitert er ziemlich lächerlich.



Das Scheitern ist übrigens in mehrfacher Hinsicht interessant. Erstens muss er notwendigerweise scheitern, weil der Plot des Filmes es nicht ertrüge, wenn ein alter, dicker, dummer Preuße neben den jungen, smarten, schlanken Westeuropäern technisch oder sonstwie reüssieren würde.

Zweitens war das Erstaunen der Siegermächte über den technologische Vorsprung der Deutschen im Zweiten Weltkrieg - gerade in der Luftfahrt - 1965 noch nicht hinreichend veratmet, um die fiktionalen Deutschen in einem lustigen Film ein technologisch determiniertes Rennen gewinnen zu lassen. Das wäre nicht lustig gewesen. *1

Drittens und am wichtigsten: Das Scheitern von Holsteins ist vor allem das Scheitern eines Konzeptes, das sich am besten durch einschlägige Zitate aus dem Film beschreiben lässt, entnommen aus Wikipedia
  • Hauptmann Rumpelstoß (nachdem ihm befohlen worden ist, während des Wettfluges die deutsche Flugmaschine zu steuern, obwohl er noch nie geflogen ist): „Wie soll ich denn fliegen lernen?“ – Darauf der Oberst: „Ganz einfach: Lesen Sie die Dienstvorschrift, und dann fliegen Sie!“
  •  Oberst von Holstein (in der Bedienungsanleitung lesend): „Nummer 1: Hinsetzen!“
  •  Oberst von Holstein (mehrfach im Film): „Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier (im Original „German officer“) nicht kann!“
Haha, wie lustig.



C.C. Bergius berichtet in der "Straße der Piloten", 1959, dass dem ersten Militärpiloten der USA, Lt. Selfridge, ein Aeroplan zur Verfügung gestellt wurde, nebst Anweisung, sich das Fliegen damit selbst beizubringen. Vielleicht wäre Selfridge, der 1911 übrigens bei einem Flugunfall ums Leben kam, ganz froh gewesen, wenigstens eine Checkliste, zu deutsch Dienstvorschrift, gehabt zu haben.

Und was ist falsch daran - wenn man denn nichts Anderes hat - so eine Dienstvorschrift bzw. Checkliste abzuarbeiten, auch wenn sie scheinbar lächerlich mit "Nr. 1 - Hinsetzen" beginnt? Beim Start einer Saturn-Rakete gab es  angeblich 158.000 Einzelschritte, die im Rahmen des Countdowns akribisch abgearbeitet werden mussten *2. Der Countdown beginnt schon viele Tage vor dem Start und dient nicht, wie Viele meinen, dazu, in den letzten zehn Sekunden vor dem Start die Spannung noch ein bisschen zu pushen. *3

Ist es denkbar, dass der lächerliche "German officer" *4 gar nicht so lächerlich ist?




Betrachten wir mal die Exposition dieser Figur: Holstein ist Oberst der Kavallerie, der gerade den Absturz des offenbar einzigen deutschen Militärflugzeuges *5 beobachtet, skeptisch kopfschüttelnd, als fände er die ganze Idee ziemlich blöd. In dem Moment erreicht ihn der kaiserliche (!) Befehl (!!), das internationale Luftrennen zu gewinnen (!!!). Hier geschehen zwei kritikwürdige Dinge: Der kaiserliche Befehl zeugt von irrwitziger Überheblichkeit, und Holstein lehnt ihn nicht als undurchführbar ab, kritisiert ihn nicht einmal. Typisch preußischer Kadavergehorsam, typisch preußische Arroganz, oder?

Nun, am 12.09.1962 hielt JFK (!) seine berühmte "We-choose-to-go-to-the-moon"-Rede, in der er anordnete (!!), die USA würden bis zum Ende des Jahrzehnts auf dem Mond landen (!!!), was bei den betroffenen Ingenieuren sofortige Schnappatmng auslöste, da sie sehr wohl wussten, wie vergleichsweise jämmerlich man in der Sache aktuell dastand. Widersprochen hat da natürlich auch niemand.

Wie auch immer: Der arme von Holstein steht nun also mit dem kaiserlichen Befehl unter unglaublichem Erfolgsdruck, und er hat nichts in der Hand, außer ungeschultem Personal und anscheinend gewisse finanzielle Ressourcen. Was denkt so einer in so einer Situation? Ich weiß es nicht. Ich weiß ich nur, was ich dächte, nämlich: "Ok, ich habe diesen Auftrag bekommen, für den ich fachlich überhaupt nicht qualifiziert bin. Entweder hat jemand in der Personalverwaltung Mist gebaut oder die haben tatsächlich niemanden, der weniger ungeeignet wäre als ich. Bei einem Auftrag dieser Tragweite gehe ich nicht davon aus, dass die Jungs leichtfertig handeln. Demnach bin ich tatsächlich der am wenigsten Ungeeignete. Und folglich habe ich den Job jetzt an der Backe."

In der kurzen Szene im Film (Kapitel 6) sieht man nur ein ganz kurzes Zögern *6, dann ist von Holstein wieder in seiner Rolle als verantwortlicher Vorgesetzter. Und was soll er machen? Zuversicht und Aktivität bei seinen Mitarbeitern verbreiten. Das Projekt anschieben. Klar machen, dass es keine Zweifel gibt. Delegieren. Leute aktivieren. Von Holsteins Reaktion ist überhaupt nicht lächerlich und da ist keine Spur von Kadavergehorsam. Der Mann packt einfach an, was getan werden muss, und er macht es auf der Ebene der Mitarbeiterführung genau richtig *7.


Dass er als projektverantwortlicher Manager dabei logisch und vor allem konsequent vorgeht, beweist er, indem nach Ausfall des ursprünglich vorgesehenen Piloten Rumpelstoß selbst das Steuer übernimmt, auch hier wieder in der klaren Erkenntnis, dass er von allen in Frage kommenden Ersatzleuten der am wenigsten inkompetente ist. Es muss nicht besonders betont werden, dass die Situation, in der Holstein diese Entscheidung treffen muss, eine katastrophale ist, verursacht durch eine Reihe struktureller und prozessualer Fehler - und zwar weit oberhalb der Hierarchie-Ebene von Holsteins.
 
Allmählich und noch einigermaßen diffus zeichnet sich da eine ganz neue Bedeutung ab, wenn Holstein sagt: "Es gibt nichts, was ein preußischer Beamter / Offizier nicht kann." Vielleicht muss man diesen Ausspruch einfach nur übersetzen:


"Es gibt ein erhebliches Problem. (Möglicherweise sogar durch unsere eigene staatliche Organisation verursacht, aber das ist ein Gedanke, den wir einstweilen zurückstellen müssen.) Wir sind nicht qualifiziert, dieses Problem zu bearbeiten, aber das ist niemand, denn sonst wäre es ja kein Problem. Also werden wir da jetzt rangehen, mit all' unserer Inkompetenz und mit dem signifikanten Risiko zu scheitern und uns lächerlich zu machen ..."

Oder kürzer: "Mein Amt und meine Würde als preußische/r Beamter / Offizier gebieten mir, Probleme meines Staates, meiner Gesellschaft zu bearbeiten, auch und gerade dann, wenn die entsprechenden materiellen und ideellen Voraussetzungen für eine Lösung nicht gegeben sind."

Das ist krass. Das klingt gut. Damit kann ich mich identifizieren.

Und das ist allzuoft mein Alltag.














*1 Heute wäre das ganz anders. Da würden die Deutschen in so einem Klamauk-Film mit Super-High-Tech-Systemen mit Goldrand auftrumpfen, um dann ein ums andere Mal herrlich auf die Fresse zu fallen. Vgl.  PAH Tiger, NH 90, A 400, U-Boote, Jäger - bruahaha - "90", G36 etc. etc. Oder Hauptmann Rumpelstoß käme mit 25 Jahren Verspätung zum Rennen, aber dafür mit einem ganz ausgebufften Flugzeug. Text könnte sein: "Ja, wir kommen zu spät, aber dafür funktioniert jetzt der Brandschutz ...!"

*2 Frischler K.: Wunderwaffen; 1965; S. 170

*3 Und warum wohl werden in der Fliegerei, aber auch in vielen anderen Bereichen immer noch Checklisten abgearbeitet? Ich will gar nicht so tun, als sei ich der mega-erfahrene Flieger, das bin ich nicht, aber selbst mit meinen nur paarhundert Starts kann ich bestätigen: Du vergisst irgendwann Deinen Arsch, ehrlich!

*4  ... was man auch mit "doitscher Beamter" übersetzen könnte ...

*5 Um weitermachen zu können, muss er erst ein neues Flugzeug ordern.

*6 Das stimmt natürlich nicht. "Those Magnificent Men ..." ist nicht gerade der Film für sensible Charakterstudien. Obwohl der Fröbe sowas bestimmt hätte spielen können.

*7 Selbst die gegrunzte Marschmusik ist ein Teil Mitarbeiterführung: Sei authentisch! Sei bereit, Dich auch mal zum Affen zu machen. In richtiger Dosierung kann so etwas entscheidend für's Teambuilding sein.










Sonntag, 3. Dezember 2017

Glyx-Gefyhle


Glückes Gefühl:
Die Feststellung,
dass die Jeanshose, die man seit vorletztem Herbst
wie zufällig
lieber doch nicht mehr angezogen hat,
weil man insgeheim wusste oder doch begründet vermutete,
dass sie
wegen wiederholter Willensschwächen,
zuvielen Fressens und Saufens,
zuwenig nennenswerter Bewegung,
unmöglich noch den Äquator umfangen könnte
und also im Körperlichen schmerzlich beengen
und im Geistigen noch viel schmerzlicher beschämen würde,
immer noch richtig bequem passt.


Merke: Glück kann auch sein, etwas zu bekommen, was man nach eigener Auffassung eigentlich nicht verdient hat.




Eines meiner ersten Digitalfotos. Da ich keine Ahnung hatte und Bedienungsanleitungen nur was für Weicheier sind, ein unverdientes Zufallsergebnis