Donnerstag, 28. Dezember 2017

Sportsgeist!



Sieh an, sieh an. "Top-Spielerin boykottiert Schach-WM in Saudi-Arabien wegen Kleidervorschriften für Frauen" titelt DLF und berichtet, dass nicht nur Anna Musytschuk, sondern gleich ein paar mehr WeltklassespielerInnen die Veranstaltung wegen der Menschenrechtslage in S.A. boykottierten. Und gleich darunter "Einreise verweigert - Israelis dürfen nicht zur Schach-WM in Saudi-Arabien".

Ja, ja, die erste Frage ist natürlich, warum SchachspielerInnen Mut, Anstand und Verantwortungsbewusstsein genug haben, derartige Entscheidungen zu treffen und zum Beispiel unsere heilige Fußball-Nationalmannschaft nicht, und die banal-bekannte Antwort ist natürlich, dass  Fußball, insbesondere internationaler Fußball, eine global durch und durch korrupte Veranstaltung * ist, bei der es ausschließlich um sehr viel Geld und absolut überhaupt nicht um Ethik geht.

Soweit, so banal. Mich interessiert aber viel mehr die Frage, wie die SchachspielerInnen klarkommen, die da trotz allem hinfahren. Was ist das für ein Gefühl, an einem Wettkampf teilzunehmen, von dem Menschen aus politischen, religiösen oder rassistischen Gründen ausgeschlossen worden sind? Oder zu wissen, dass die eigene Teilnahme eigentlich nur möglich ist, weil man so stumpf fähig ist, ethische Aspekte, wie Menschenrechtsverletzungen, Terrorunterstützung etc. vollständig zu ignorieren? Wie werden sich die "Sieger" dieser Wettbewerbe fühlen, wenn ihnen doch klar sein muss, dass das Ergebnis völlig anders hätte aussehen können, wenn entweder alle SpielerInnen ethisch richtige Entscheidungen getroffen hätten oder zumindest die Location offener, toleranter, demokratischer, humanistischer gewesen wäre? Kann man so einen Siegpokal überhaupt vorzeigen? Oder stellt man sich da nicht viel mehr den konkreten Beweis der eigenen Korrumpierbarkeit in den Schrank?

Normalempfindende Menschen würden vor Scham im Boden versinken.

"Es gibt kein richtiges Leben im falschen." (Adorno)

 


Olympia 1936 - Hauptsache, alle haben ihren Spaß!





* nota bene: Von "Sport" ist hier nicht die Rede!




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