Samstag, 17. Juni 2017

Was dann?


Vor einiger Zeit sprach ich mit einem nicht allzu intelligenten 16-jährigen über Lebensziele. Immerhin hat er eins, ein sehr konkretes sogar: Ein brandaktueller Ford Mustang mit über 400 PS ... und dann kamen da noch einige brüllmäßige Spezifikationen, die ich nicht genau verstand und die mich auch nicht wirklich interessierten.

Das ist für die Verhältnisse dieses jungen Mannes schon rein wirtschaftlich ein sehr anspruchsvolles Ziel. Über automobilophile Pubertäts-PS-Protzerei kann man die Nase rümpfen, man beachte aber bitte strafmildernd das soziokulturelle Umfeld, unsere Gesellschaft, unsere Medienlandschaft, die wir unseren Youngstern tagtäglich antun.

Und: Wieviele Leute seines Alters wissen auf die Frage nach ihren Zielen im Leben überhaupt nur rat- und ahnungslos die Schultern zu zucken? Da ist ein Ford Mustang zumindest besser als dieses ewige, unendliche, frustrierende Nichts.

Aber: Ich stelle mir den Fall vor, besagter Jüngling erreicht eines Tages durch allerlei erstaunliche Umstände und unwahrscheinlichste Zufälle dieses, sein Ziel. Was macht er dann? Klar, er wird anfänglich ein paar Monate lang mit dem Wagen durch die Gegend brettern, angeben, sich freuen usw. Und dann?

Ein Lebensziel ist per defintionem ein Ziel, das, wenn es erreicht ist, das Leben sinnhaft vollendet. Wenn Du ein Ziel erreichst und Dir danach ein anderes setzt, dann war das erstere kein Lebensziel, sondern ein Wunsch, ein Plan, ein Zwischenschritt, was auch immer.

Ich stelle fest: Keine Lebensziele zu haben, ist ganz und gar doof. Aber ein Lebensziel zu haben, das man mit Geld kaufen kann, ist genau so doof. Manchmal ärgere ich mich über mich selbst, dass ich kaum in der Lage bin, meine Lebensziele sprachlich zu fassen, weil sie so schwammig sind. Aber mein Horror vor dem Moment, ein mathematisierbares Lebensziel jemals zu erreichen und sich dann fragen zu müssen, was nun, ist immens.









Nur ein umweltschädlicher Pimmel-Ersatz, kein Lebensziel.








Freitag, 16. Juni 2017

Leer





(14.06.2017, irgendwo östlich Leer, Kurs daumenpeil 100°)

Das ist ein ansprechendes Bild, finde ich. Felder, Wasserstraßen, andere Verkehrswege, Siedlungen harmonisch verteilt. Idealtypisch wie in einem Erdkunde-Schulbuch für die Mittelstufe, Kapitel "Norddeutsche Tiefebene". Für viele Menschen ein Ausdruck von Natur pur. Sucht aber ein Piepmatz Futter oder ein Rehkitz Deckung, dann wird's eng.



(14.06.2017, Küstenkanal, westl. Oldenburg, Kurs daumenpeil 100 °)

Genau so eine Brücke wie in der Bildmitte hatte ich als Kind für meine Märklin-Eisenbahn. Dieses Bild hat keinen weiteren gesellschaftskritischen oder philosophischen Bezug. Ich wollte nur erzählen, dass ich so eine Brücke hatte.







Sonntag, 11. Juni 2017

Invisible Hands at work


So viele Menschen, die ihren Lebensunterhalt verdienen, Menschen, die Dinge schaffen, gestalten, planen: Die Strukturen der Landschaft bilden jahrhundertwährende Prozesse ab, ein Gemisch aus nicht-intendierten kausalen Konsequenzen, vielleicht etwas Planung (oder zumindest Absprache) und ziemlich vielen Zufällen.



(10.06.2017, Wesermarsch, WNW Oldenburg, Kurs daumenpeil 000)









Samstag, 3. Juni 2017

Das Entscheidende


Die Faszination beim Fliegen setzt sich aus vielen Facetten zusammen. Eine der wichtigsten für mich ist: Das Entscheiden. Du kannst unglaublich viele Dinge selbst entscheiden, viel mehr, als zum Beispiel beim Autofahren. Und Du musst ganz viele Dinge entscheiden, auch komplexe.

Und zwar schnell und unausweichlich. Du kannst es nicht aussitzen, nicht prokrastinieren, nicht ignorieren, nicht zur späteren Bearbeitung auf Termin legen und nicht lange und ausführlich abwägen oder erstmal mit anderen diskutieren.

Und jede Entscheidung führt wieder zu einer neuen Situation, in der Du neue Entscheidungen treffen musst.

Das ist eigentlich das allgemeine Wesen von Entscheidungen, aber was ich an der Fliegerei so liebe, ist, dass dieses ewige Spiel von (relativ) freier Entscheidung, von Konsequenz und von Verantwortung hier so besonders klar und deutlich und permanent ins Auge fällt.


 (02.06.2017, A1 südl. Ahlhorner Dreieck, Kurs Nord)

Völlig geil: Wenn ich mit meinem Pkw auf der Autobahn unterwegs bin und ein Lkw überholt mich, denke ich, dass irgendwas falsch läuft. Wenn ich mit meinem Flugzeug über der Autobahn unterwegs bin, und alle Lkw überholen mich, könnt' ich mich wegschmeißen vor silberlachender Freude. Das ist das Konzept von "low and slow". Dein fliegender Fern-Seh-Sessel in 200 m über Grund.






Donnerstag, 1. Juni 2017

Geträumtes Koan


Als vorhin der Wecker mich
aus tiefstem Traume riss,
blieb nur der Satz
"Dem Wetter ist's egal, wenn's regnet!"
als Erinnerungsfetzen zurück.


Jetzt rumort er ennervierend halbbewusst durch mein Denken, das Anknüpfungspunkte, ja, Anwendungsbeispiele sucht.

Die drei wesentlichen Fragen:

  1. Ist der Satz von einer unermesslichen taoistischen oder sonstwie philosophischen Tiefe?
  2. Oder ist er einfach nur völlig bescheuert, bestenfalls ein bisschen lustig in seiner Paradoxie?
  3. Und was war das für ein beknackter Traum, in dem so eine Dialogzeile auftaucht?



(verändert via seaton-newslinks.blogspot.de)






Donnerstag, 25. Mai 2017

Drei-Satz-Religion


Neulich bin ich mal wieder glorios gescheitert, jemandem kurz und knapp zu erklären, was ich meine, wenn ich sage, ich sei "Tao-Übender". Mit dem Problem schlage ich mich schon seit Jahren rum. Hier ein weiteres vorläufiges Endergebnis:



I. Das Tun, das aus dem Festhalten an Dingen und Gewissheiten sowie aus dem Wunsch, Geschehnisse kontrollieren und steuern zu können, resultiert, vergeudet Energie und erzeugt Leid bei mir und anderen.

II. Das Tun, das aus dem Loslassen und der Fähigkeit, Dinge und Geschehnisse bewertungsfrei zu betrachten, resultiert, bringt Energie und innere Ruhe.

III. Mein religiöses, d.h. vorläufig unbeweisbares Postulat ist: Je besser es mir gelingt, II. umzusetzen und I. zu vermeiden, desto erfüllter und ethisch akzeptabler wird mein Leben sein.





Tja, das ist alles. Mehr braucht's nicht. Und wem das zu albern, zu banal, zu religiös ist, der/die möge doch, bitteschön, selbst mal versuchen, ihre/seine grundlegenden Handlungsmaximen kurzzufassen. Ich sag' nur: Es ist sauschwer. Sauschwer ist das. Aber hallo!



 




(verändert via kritisches-netzwerk.de)





Montag, 22. Mai 2017

Mirdochegal!



Ja, manche Leute finden diese Landschaft laaangweilig. 





ICH NICHT!



(Hunte, östl. Oldenburg, Kurs 090, 2105.2017)










Freitag, 19. Mai 2017

Ja, wir sind pingelig, und das ist gut so!


Da derzeit endlich mit dem untragbaren Wehrmachts-Traditionsbewusstsein der Bundeswehr aufgeräumt wird [*1], wird es garantiert auch wieder grantelnde Stimmen geben, die da sagen, man stelle sich nun aber zu sehr an und die fragen, ob es - gerade bei der Bundeswehr - nichts Wichtigeres gäbe, als Kasernennamen zu ändern oder Nazi-Symbole von Kampfjets zu entfernen. Die Stimmen werden leise sein, kaum zu hören, aber schäbigerweise auch kaum zu überhören.

Und die Antwort lautet: Nein! Es gibt nichts Wichtigeres.

Richtig ist, dass es sich dabei in materieller Hinsicht um Kleinigkeiten handelt. Richtig ist aber auch, dass die rechten Arschlöcher diese Kleinigkeiten immer wieder zu großen Symbolen des "Es-war-ja-doch-nicht-alles-schlecht!" aufblasen. Ihre faschistische Grundeinstellung blähen sie natürlich nicht alltäglich in die Welt, dazu sind sie feige. Aber eine "Rommel-Kaserne" oder ein rostiger Wehrmachts-Helm triggert bei ihnen einen bedingten Fascho-Reflex, einen öffentlichen wehrmachtsmilitaristischen Orgasmus.

Kein schöner Anblick und gefährlich für leicht beeinflussbare, schwache Geister.

Solange es diese paar Dummbratzen gibt, und es sind wirklich nur ganz wenige, die mit diesem Teil unserer Geschichte nicht vernünftig umgehen können, so lange muss die überwältigende demokratische Mehrheit einer Gesellschaft eben darauf achten, den Zugriff auf derartige Symbole strikt zu minimieren.

Man stellt einem Alkoholkranken auch nicht überall 'nen Schnaps in den Weg, wenn er sich ohnehin längst die Großhirnrinde weggeflext hat.





(via taz.de)
Der Schoß ist fruchtbar noch! Wessen persönliche mentale Entwicklung auf der Stufe eines 11-jährigen stehen bleibt, der ist nun mal leicht zu beeinflussen. Ich sage ungern was Gutes über Frau von der Leyen, sehr ungern, aber hier hat sie meine volle Unterstützung.








[*1] Apropos: Wird jetzt eigentlich auch der Eurofighter umlackiert, der die Ostfront-Tradition ewig fortschreibt?


Mittwoch, 17. Mai 2017

Schleimige wirbellose Tiere



So sehr die Wahl Trumps mich seinerzeit auch erschüttert hat, so sehr genieße ich derzeit, wie die Lakaien, Schleimer und Speichellecker der Macht sich nun krümmen und irreparabel verbiegen müssen, je offensichtlicher wird, dass der, dem sie sich lustvoll und aus niedrigstem Opportunismus devot gemacht haben, ein Vollidiot ist.

Herrlich mitanzusehen, dass unausweichlich eine glasklare Entscheidung auf diese Kreaturen zukommt: Entweder sie stehen weiterhin öffentlich, orgastisch und offensiv zu Trump und seinem hohlen, antidemokratischen, sexistischen, rassistischem Kurs oder sie erklären unverzüglich beschämt ihre stattgehabte Riesen-Blödheit, auf so eine Pfeife reingefallen zu sein.

Beide Optionen erforderten Reflexion, Geradlinigkeit und Stehvermögen - Eigenschaften, die bei dieser Art egozentrischer Dummbolzen nicht eben verbreitet ist.

Es ist immer gut, wenn die Frage ethischen Verhaltens, die oft so schwiemelig, so molluskenhaft, so  schwer fassbar scheint, plötzlich ganz klar und eindeutig und handfest wird. Die Mühlen mahlen gerade trefflich fein.



(verändert via wikimedia)
Schade, dass Leute wie Meat Loaf sich und ihr bisheriges Wirken durch die dümmliche Ranschmeiße an Trump so endgültig disqualifiziert haben. Wenn ich weiß, dass "Bat out of Hell" von einem Trump-Anhänger stammt, kann ich den Inhalt doch nur noch doppeldeutig rezipieren. Der ästhetische Genuss ist unwiederbringlich im Eimer.











Montag, 15. Mai 2017

Unmögliche Bildbetrachtung


Nach dem heutigen Flug schlich ich mit der Kamera in der Hand um mein Flugzeug herum, um das eine Motiv, die eine Perspektive zu finden, um die überirdische Essenz seiner technischen Ästhetik einzufangen. Vergeblich.

Auch dürre Worte versagen: Was soll ich reden vom eleganten Schwung der Fläche, von ihrer unglaublichen und unzeichenbaren geometrischen und aerodynamischen Schränkung, von ihrer ausgesuchten diskreten Flexibilität, sich jedem Flugzustand anzupassen? Wie soll ich das klug Weggelassene der Konstruktion mit vielen Worten beschreiben, die schwere Weisheit der Reduktion auf das Wesentliche feiern? Wie widersprüchlich wäre das?

Neinneinnein. Diesem Flugzeug kann man sich nur mit stiller, staunender Andacht nähern. Man muss einfach davorstehen und es ehrfurchtsvoll betrachten. Die Gebenedeiten dürfen es vielleicht sogar einmal berühren ...


Air création - Pixel XC 
D-MSGO

Ok, wahrscheinlich werde ich mich für den schwulstigen Stil des Textes da oben demnächst schämen und vielleicht sogar entschuldigen. Aber gestern und heute hatte ich damit derart "überirdische" Flugerlebnisse, dass das Adrenalin (oder was auch immer) Spätfolgen hat.