Donnerstag, 29. Dezember 2016

Bilanz 2016


  • Dummheit, Machtgeilheit, Gier, Egoismus und selbstverschuldete Unmündigkeit haben große Siege errungen und gewaltige Fortschritte gemacht. 
  • Solidarität, Mitgefühl und Zurückhaltung (Demut) gingen beschleunigt den Bach runter.
  • Ethik, die Frage nach der Richtigkeit menschlichen Handelns, wird nicht mal mehr als verlogenes Lippenbekenntnis bemüht.

Gestehen wir's ein: In der großen Arena, da, wo den Konzernen längst die Politik gehört, ist der Kampf um eine menschenwürdige Welt endgültig verloren. Bleibt die Flucht ins Private, und bleibt der gemeinsame Aufbau einer Welt, in der Konzerne und Plittikörr keine Macht gewinnen können.



(verändert via wiki commons)
Ja, die Orks haben Osgiliath erobert. Aber Minas Tirith bekommen sie nicht!


Sonntag, 25. Dezember 2016

Erleichterung


AfD, Seehofer, Orban, Erdogan, Trump und nun auch Netanjahu ... ganz ehrlich: Es macht die Sache viel einfacher, wenn krankhaft egomanische, machtgeile alte Männer (und Nationen) es neuerdings chique finden, die Weltöffentlichkeit darüber zu informieren, dass sie gemeingefährliche Arschlöcher seien und dass sie das ganz bewusst seien und dass sie jedes ethisches Hinterfragen ihres Handelns grundsätzlich als aggressiven Akt, quasi als Kriegserklärung betrachteten.

Der gewaltaffine, unberechenbare Irre wird zwar nirgends geliebt, nicht mal respektiert, aber die therapeutische Zurückhaltung und Vorsicht, die die Umwelt ihm entgegenbringt, scheint eine hinreichende Ersatzbefriedigung für das Urbedürfnis nach wahrer Liebe und Wertschätzung zu sein. Man kennt das von den pubertären Schulhof-Schlägern: Alle anderen SchülerInnen wissen, dass das absolute Vollidioten sind, aber niemand bringt den psychopathologischen Befund konsequent auf den Punkt. Stattdessen schleicht man drumherum, aus Feigheit, Faulheit oder Desinteresse. Und der prügelnde Proll betrügt sich selbst mit dem Gedanken, man achte ihn.

Der fette Schwachkopf aus Pjöngjang gehört übrigens nicht in die obengenannte Reihe. Kim-Jong-Un hängt dem Zeitgeist mindestens vierzig Jahre hinterher und arbeitet immer noch an dem hirnrissigen und längst gescheiterten Versuch, sein Arschloch-Sein mit militärischen Bedrohungs-Szenarien von außen zu begründen. Kleiner Tipp, Schwabbelbacke: Hör' auf, Dich lächerlich zu machen. Sag' der Welt einfach, dass Du krankhaft machtgeil bist, einen zu kleinen Penis hast und deshalb jeden massenvernichten wirst, der Dir auch nur ansatzweise quer kommt. Früher gehörte sich das nicht, sowas offen auszusprechen, auch, wenn es ohnehin Jede/r wusste. Inzwischen ist das aber salonfähig, und mehr noch: Trump wird das voll liken, Dich lieben und verstehen, echt jetzt!



(via wiki commons)
Ersatzbefriedigung.




 

Freitag, 23. Dezember 2016

Zombie-Gefahr


Wurde gefragt, warum ich nix zum Anschlag vom Berliner Weihnachtsmarkt mache.
Antwort: Mir fällt nix ein.
  • Mein Mitgefühl, aber das ist eine Binse, gilt den Opfern, ist doch klar. 
  • Der Täter: ein feiger, hinterhältiger Idiot, sich von Obereinpeitschern so instrumentalisieren zu lassen. 
  • Das Motiv: Entweder saublöd, anzunehmen, mit sowas irgendwas erreichen zu können. Oder extrem teuflisch: Die Fronten zwischen Islam und Europa absichtsvoll zu verhärten, bis es zum richtig großen Knall kommt. 
  • Die Reaktion: Seitens der Muslime wieder mal keine hörbare, ganz grundsätzliche Absage an die Gewalt. Seitens der Europäer wieder mal keine ernsthafte Ursachensuche, stattdessen die vorhersehbar dümmstmöglichen (und von den Attentätern beabsichtigten) Reaktionen, v.a. aus Bayern.   

Es ist all dies so absolut un-überraschend. Und so deprimierend, zu beobachten, wie alle Agierenden mit zombiehaftem Schematismus nur die immer wieder gleichen, untauglichen, gefährlichen Verhaltensmuster abspulen.




It's always the same,
it's a shame,
that's all ...

P. Collins






Donnerstag, 22. Dezember 2016

Lichtlein in der Marketing-Finsternis


Habe gerade die beste Marketing-Idee seit Erfindung des Internets gefunden:

"Give well" ist eine US-amerikanische NGOrganisation, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, wohltätige Spendenorganisationen auf Transparenz und Kosteneffizienz zu prüfen und entsprechende Empfehlungen zu veröffentlichen. An sich schon mal eine kluge Idee und ein sehr notwendiges Projekt.

Besonders genial ist aber, dass auf der website an durchaus prominenter Stelle auch das Register "Our mistakes" auftaucht, mit der Erklärung "Diese Seite protokolliert alle Fehler, die wir gemacht haben, Fälle, in denen unsere Organisation nicht den Werten, für die wir stehen, oder den Dingen, die wir gelernt haben, entsprach oder entspricht." (Übers. von mir.) Und es folgt dann auch eine hübsch selbstkritische und einigermaßen aktuelle Liste.

Was für eine brilliante Strategie! Was für brilliante implizite Selbstaussagen!
  1. Alle Menschen machen Fehler. Im Unterschied zu anderen Unternehmen sind wir uns dessen bewusst. Und wir sind so transparent (=verdienen so viel Vertrauen), dass wir das veröffentlichen, und unsere Unternehmensorganisation ist so professionell, so qualitätsbewusst  und selbstlernend, dass wir Jede/n in die Lage versetzen, permanent zu kontrollieren, ob wir nur herumheucheln oder ensthaft an der nachhaltigen Fehlerkorrektur arbeiten.
  2. Schaut Euch genau an, was wir selbst als fehlerhaftes Verhalten betrachten, und Ihr lernt, was uns wichtig ist, worauf es uns bei unserer Arbeit ankommt, für welche Ideale wir einstehen.

Gute Güte! Man vergleiche das mit den hirnlosen Hochdruck-Selbstbeweihräucherungs-sites der großen, satten, selbstzufriedenen Mega-Konzerne, mit ihrer mordormäßigen Marketing-Monokultur.

Wie peinlich dümmlich-arrogant wirken die neben "Give well". Gut, gut!



(verändert via swr.de)
Ein hoffnungsvolles Lichtlein in der Dunkelheit ...







Mittwoch, 21. Dezember 2016

Den Nazis zum Trotz: Sonnenwende feiern


Man muss kein Nazi sein, um zu feiern, dass ab heute Mittag die Tage wieder länger werden. Man muss einfach nur Licht, Wärme, blauen Himmel, sprießendes Grün und unbeschwertes Leben in freier Natur lieben.

Die abrahamitisch-amtskirchlich angeordneten Saturnalien, inzwischen zu 120 % vom Kommerz gekidnappt, gehen mir schon längst am Allerwertesten vorbei.



 (verändert via wiki commons)
Steingewordene Sonnwendfeier





Sonntag, 18. Dezember 2016

Was bedeutet "Menschenursachen bekämpfen"?


Im sonntäglichen Umsonst-Werbe-Blättchen titelt ein Artikel:

"Flüchtlingsursachen bekämpfen".

Beschrieben wird eine (durchaus sinnvoll anmutende) Aktion, die Fluchtursachen und nicht etwa "Flüchtlingsursachen" bekämpfen will.

Wie kann so ein Faux-pas geschehen? Drei, nein, vier Gründe sind denkbar:

1. Der Verfasser ist völlig überarbeitet und unterbezahlt, war unkonzentriert, vielleicht auch alkoholisiert und hat im geistigen Blindflug agiert.
2. Der Verfasser ist inkompetent und zu blöd oder zu unsensibel, den mörderischen Bedeutungsunterschied zu erfassen. Deshalb arbeitet er ja auch nur für ein Umsonst-Werbe-Blättchen, statt für eine anständige Zeitung. [*1]
3. Der Verfasser ist einer der sehr wenigen nicht-doofen Braunbratzen, eine gefährliche Subspezies, und hat ganz absichtsvoll gehandelt.
4. Der Verfasser hat ganz bewusst, sehr subtil und mit scharfem kritischen Geist darauf aufmerksam gemacht, dass bei uns inzwischen die meisten Aktionen, die unter der Flagge "Flüchtlingshilfe" segeln, ausschließlich der kurzfristigen Flüchtlingsvermeidung dienen.

Zum letztgenannten Punkt: Es ist völlig richtig, dass auf lange Sicht Ziel sein muss, dass nirgendwo auf der Welt mehr Menschen vor -> Arschlöchern fliehen müssen. Das bedeutet aber nicht, dass wir derzeit den aus unsäglichen Lebens- und Sterbensbedingungen Geflohenen sagen: "Nee, Du musst zurück, weil wir das Geld sparen, um, vielleicht (!), in zehn, zwanzig Jahren in Deiner Heimat oder sonstwo für menschenwürdige Bedingungen zu sorgen."

Apropos sparen: Nigeria hat neulich gerade die Weltgemeinschaft vergeblich um 700 Millionen Dollar gebeten, um Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen und durchziehende Flüchtlinge aus anderen Staaten menschenwürdig unterbringen zu können, damit die nicht weiter nach Norden ziehen müssen - wie gesagt: vergeblich. Gleichzeitig haben die PlittikörrInnen zweier mickriger norddeutscher Bundesländer 10 Milliarden Euro aus Steuergeldern locker gemacht, um die beschissene, abgehalfterte, von inkompetenten Managern und Plittikörrn in die Grütze gefahrene HSH-Bank zu retten.

Nein, man kann nicht so viel fressen, wie man kotzen könnte. (Liebermann)

Und was rege ich mich auf? Das ist Alles bekannt und schon hunderttausend Mal durchgekaut worden. Aber ich habe eine Bitte: Wenn demnächst Weihnachtsreden geschwungen werden, tut bitte nicht so, als würde die Mehrheit in diesem unserem Lande den geflüchteten Menschen aus Barmherzigkeit und Nächstenliebe helfen. Das ist nicht so. Die ganz überwiegende Mehrheit der Bundesdeutschen hat de facto gar nichts mit den geflüchteten Menschen zu tun. Nur unsere Verwaltungen verwalten ein Verwaltungsproblem, das ist im Wesentlichen Alles. Das soll man auch nicht gering schätzen, aber man soll eben auch nichts reinmenscheln, was nicht da ist.




(Flüchtlingskinder Wiefelstede 1945 via heimatmuseum-wiefelstede.de)
Hier der Beweis: Das sind alles Wirtschaftsflüchtlinge, die nur herkommen, um faul rumzusitzen und uns die Haare vom Kopp zu fressen.




[*1] Pkt. 2 setzt voraus, dass überhaupt ein redaktioneller Mitarbeiter den Waschzettel geprüft hat. Tendenziell unwahrscheinlich.



Freitag, 16. Dezember 2016

Verfassungskämpfer


Mit immer größerer Verwirrung verfolge ich die empörte Berichterstattung über Wahlkampfmanipulationen via Facebook, Twitter und Konsorten. Da würden doch - schlimm, gaaanz, gaaanz schlimm! - tatsächlich falsche Nachrichten und fingierte Kommentare lanciert, aus Trollfabriken, von webbots und weiß der Himmel wem. Die Russen [*1] tun's, die US-Republikaner tun's, und die US-Demokraten auch. Und wenn demnächst bei uns gewählt wird, dann tun's sie's bestimmt alle wieder. Da kann ja JEDER ALLES posten, und der gute, treudoofe doitsche Wahlkampf wird zum hilflosen Spielball fremder Menschen, Mächte und Maschinen.

Und da ist der Punkt meiner maximalen Verwirrung erreicht. Alles, was in Wirklichkeit passiert, ist doch, dass eine Handvoll Vollidioten sich bemüht, den größten anzunehmenden Schwachsinn in den Netzwerken zu verbreiten. Ok, es sind organisierte Vollidioten, es sind hochtechnisierte Vollidioten und es sind medial äußerst versierte Volidioten. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das, was sie verbreiten, Schwachsinn ist, der auch nur beim Hauch einer Nachprüfung sofort verpufft, und der hier in Betracht stehende Schwachsinn findet wirklich nur in den sozialen Netzen statt. Ernsthafte Information passiert doch ganz woanders und ist überhaupt nicht betroffen.

So what!?

Oder glaubt tatsächlich irgendwer, es gäbe irgendwo einen Menschen, der / die ihre / seine Wahlentscheidung von dem Geseiere in Facebook / Twitter etc. abhängig macht? Diese Annahme ist nicht nur völlig abwegig, sie enthält außerdem eine schreckliche, unauslöschliche Beleidigung aller WählerInnen.

Der / die WählerIn in einer Demokratie ist der / die mündige StaatsbürgerIn, ist ein aufgeklärtes, ständig um Aufklärung, um Rationalität bemühtes Subjekt, ist höchste staatliche Autorität! Das sind per definitionem alles Leute, die sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind, sich also auf der Basis eines soliden Allgemeinwissens permanent umfassend informieren und Dank ihres Intellekts weitestmöglich in die Zukunft vorausschauen und so zu politischen Entscheidungen kommen, die auf das Wohl der Allgemeinheit der eigenen Nation und der ganzen Welt gerichtet sind.

Das ist mein fester Glaube und meine Hoffnung, und ich bin sicher, dass ich damit nicht alleine stehe und dass die SchöpferInnen des Grundgesetzes genau diese Art von weltklugen, selbstlosen, solidarischen, verantwortungsbewussten Menschen im Blick hatten, als sie die Freiheitlich-Demokratische-Grundordnung festklopfen.

Sollte sich je herausstellen, dass eine übergroße Mehrheit der Wählerschaft zwischenzeitlich zu  sabbernden, vollverblödeten Kurzsicht-Egoisten mutiert ist, die zu gehirnverfettet, zu faul und zu korrumpiert sind, sich anständig zu informieren (was zugegebenermaßen einer gewissen permanenten Anstrengung bedarf) und die sich stattdessen lieber der kollektiven Pseudomeinungs-Masturbation im Internet hingeben, einerseits ihre eigenen Hirnblähungen hinausfurzen und sich andererseits lustvoll mit den reptilienhirnadressierten Botschaften der globalen Obereinpeitscher volllaufen lassen, um sich auch noch die letzten Reste menschenwürdigen Denkens wegzuflexen, dann ... ja dann ...

(... und jetzt kommt einer der heftigsten Sätze, die ich je veröffentlicht habe ...)

... wäre es an der Zeit, das Gescheitert-Sein des demokratischen Projektes zu konstatieren.

Aber zum Glück gibt es noch reichlich Leute, die ethisch, intellektuell und - notfalls - physisch für den standesgemäßen Erhalt unserer Verfassung eintreten. Und diese Leute, glaubt's mir, die sind gegen die gequirlte Scheiße aus den Netzwerken hinreichend immun.




 (unbek. 1848 - via wiki commons)





[*1] Äh. Frage: Warum ist den Russen eigentlich so sehr daran gelegen, dass Trump Präsi wird? Beschleunigt das den Untergang des Kapitalismus? Gut gemeint klingt das jedenfalls nicht, wie Putins Mannen da agieren.



Mittwoch, 14. Dezember 2016

Kabale und grenzenlose Wut


Syrische Regierungstruppen kämpfen gegen Rebellen, die untereinander zerstritten sind, aber Assad stürzen wollen, der mit Hilfe der Russen den IS und die Rebellen bekämpft, aber nicht die Kurden, die einen eigenen Staat wollen, teilweise auch auf syrischem Gebiet, und deshalb vom Ober-Ziegenpeter vom Bosporus bombardiert werden, und zwar im Nord-Irak. Deutschland unterstützt die Kurden mit Waffen und Geld, weil die sehr effektiv gegen den IS kämpfen, der immerhin die gesamte westliche Welt bedroht, aber Deutschland unterstützt auch Saudi-Arabien, z.B. mit immensen Waffenlieferungen und demnächst auch mit Militärausbildern, obwohl Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate den IS, und damit auch die Terroranschläge in Europa quasi vollfinanzieren. Gleichzeitig bezichtigt Deutschland in Deutschland lebende Kurden, Terroristen zu sein, jedenfalls ist die PKK hier verboten, und deutsche Bundeswehrsoldaten sind in der Türkei stationiert, in der sichtlich schon seit Langem eine menschenverachtende Diktatur installiert wird, um diese Diktatur nach außen vor ... äh ... wem nochmal? ... zu schützen?


Natürlich, natürlich, es gibt für diese Sachverhalte ganz klar historische, diplomatische und realpolitische Kausalitätsketten. Plittikörr sprechen mitunter von "gewachsenen Strukturen", wenn sie null Ahnung und null Argumente haben, und sie tun so, als wäre das eine Begründung für irgendwas, und sie übersehen, dass der Begriff "gewachsene Strukturen" von BetriebswirtschaftlerInnen als sozialverträgliches Synonym für "Der Laden ist von einem inkompetenten, arroganten Management über Jahre so nachhaltig und endgültig in die Grütze gefahren worden, dass wir am besten alle Leute evakuieren, alles in die Luft sprengen und dann ganz neu anfangen sollten." verwendet wird.

Ich bin äußerst gespannt, wenn in zwanzig, dreißig Jahren die ersten Dokus über jene Hintergründe berichten, die uns aktuell komplett vorenthalten werden, weil wir sonst vielleicht, nein: mit allergrößter Gewissheit stinkesauer würden über so viel menschenverachtenden Zynismus, so viel abscheulichen Egoismus, so viel perverse Machtgeilheit sadistischer alter Männer.

Nur mal 'ne Frage an das denkende Publikum: Wie offensichtlich müssen die inneren Widersprüche deutscher und internationaler Politik denn noch werden, wie groß das Leiden der Zivilbevölkerung, damit Ihr Euch, wir uns, endlich mal final empören und das ganze beteiligte Gesocks aus Diplomaten, Diktatoren, Konzern-Muftis und pseudo-religiösen Obereinpeitschern endlich auf den Merkur [*1] schießen?

Nachtrag 15.12.2016: In der gestrigen Tagesschau hießen die Rebellen nicht mehr "Rebellen", sondern "bewaffnette Oppositionsparteien", und die vormals "syrische Regierung" war sprachlich wieder mal zum "Assad-Regime" mutiert. Was will uns der Dichter damit sagen?



(Merkur - zusammengesetztes NASA-Bild via wiki commons)




[*1] Warum Merkur? Ganz einfach: Temperaturschwankungen zwischen + 430 °C und -170 °C, keine nennenswerte Atmosphäre, eine herrlich verschrobene siderische Rotationsperiode; ja, ich möchte, dass es den Leuten richtig schlecht geht. Außerdem war Merkur der Gott der Diebe und Händler, und das passt ja auch zum Thema.




Donnerstag, 8. Dezember 2016

Hohl


Wenn
es tatsächlich zutrifft,
dass die von Trumps Schergen in sozialen Netzwerken gestreute Geschichte,
Hillary Clinton habe aus einer Pizzeria heraus einen Kinderpornoring geleitet,
von irgendwelchen Menschen geglaubt wurde,

dann
sollte man klarstellen,
dass nicht das Internet im Allgemeinen und / oder die soziale Netzwerke im Besonderen
die Schuld zu tragen haben
für die unermessliche Doofheit einiger Menschen.

Oder
mit G. C. Lichtenberg gefragt:
"Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl,
ist denn das allemal im Buche?" (Sudelbücher, Heft D)






(G.C. Lichtenberg, 1742-1799 - verändert via wiki commons)

 In diesem Zusammenhang auch schön:
"Ein Buch ist wie ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, kann kein Apostel herausgucken."




Mittwoch, 7. Dezember 2016

PISA-Kasper


Die Provinz-Presse bläht die ganz einfache Wahrheit über das nur mittelprächtige Abschneiden doitscher 15jähriger im weltweiten PISA-Vergleichstest heraus: Es liegt die Schuld natürlich bei den LehrerInnen. Hier müsse, einzige Lösung, ganz dringend an der Aus- und Fortbildung gearbeitet werden.

Das ist so sicher und so logisch, wie das Amen in der Kirche! Wenn es nämlich nicht an den LehrerInnen läge, müsste man ja anderswo nach Gründen suchen, und das wird ganz und gar unappetitlich. Wo sollte man da denn ansetzen?

Bei den SchülerInnen etwa? Auf keinen Fall, denn erstens sind diese zarten Seelchen, und das meine ich völlig unironisch, nur ein Opfer ihrer Zeit und gesellschaftlichen Umgebung. Wir präsentieren ihnen Hoeneß, Trump und Dieter Bohlen als mediengehypte menschliche Vorbilder und RTL2, Facebook und beliebige Videostreams als Surrogat für echte Kulturaneignung, z.B. das Lesen.

Und zweitens haben SchülerInnen Eltern, und wer hat schon den Arsch in der Hose, den Eltern mitzuteilen, dass ihre Sprösslinge nicht allesamt hochbegabte künftige NobelpreisanwärterInnen sind, sondern normal-doofe, normal-faule Kiddos, wie überall auf diesem kultur-nivellierten McDonald's-Planeten? Eltern sind WählerInnen. Sollen sich Plittikörr etwa selbst absägen, indem sie unbequeme Wahrheiten verbreiten? Für eine Legislatur wird's schon noch gehen.

Weiter oben in der Kultus-Nahrungskette kommt dann der schulorganisatorische Mittelbau, die Ratten in der Bildsäule [*1]. Die KultusministerInnen selbst können wir dabei getrost ignorieren, denn die sind in unserem föderalen Bildungssystem per definitionem Nullnummern, die grundsätzlich nur aus parteipolitischem Proporz gesetzt werden und nicht, weil sie kompetent sind, Verantwortung haben oder übernehmen oder gar ernsthaft was verändern sollen.

Nein, wir müssen uns auf der Ebene der StaatssekretärInnen und knapp darunter umsehen. Das sind die Leute, die so spannende Konzepte raushauen, wie Integration von Flüchtlingen, Inklusion von Menschen mit Behinderungen, Förderung von schwächeren und gleichzeitig von hochbegabten SchülerInnen mit ziel- und binnendiffernziertem, medien- und sozial- und fachkompetenzorientiertem Unterricht  - und das Alles gleichzeitig in einem Klassenraum mit 28 Schwerstpubertierenden.

Sollen wir diesen politisch gesetzt, höchstbesoldeten BeamtInnen etwa Vorwürfe machen? Können die etwa was dafür, dass unsere Kiddos gefühlt vollverblöden? Um Himmels Willen, nein, denn erstens verlören die Damen und Herren mit sofortiger Wirkung ihre berufliche Existenzberechtigung, wenn sie sich nicht ständig so schwachsinnige - pardon: unevaluierte - Konzepte ausdächten und zweitens sind das die Leute, die über die nächste PISA-Teilnahme und ergo -Finanzierung mitentscheiden. So jemanden will man sich keinesfalls zum Gegner machen.

Und oberhalb dieser Ebene kommt der "big cheese", die Bundespolitik, die sich zurecht immer wieder auf die Position zurückzieht, Bildungspolitik sei Ländersache (aber gleichzeitig ein paar hundert Millionen Euro gießkannenartig für digitalen Unterricht verplempert, obwohl niemand eine klare Vorstellung hat, was genau das sein und vor allem bewirken soll).

Schließlich wäre da ja auch noch die sehr heiße Frage nach der Aussagefähigkeit des PISA-Tests. Alter Witz aus der Lernpsychologie: "Was ist Intelligenz?" "Das, was der Intelligenztest misst." Kein Witz: "Warum haben die Niederländer kein Problem mit dem PISA-Test?" "Weil sie einfach beschlossen haben, nicht daran teilzunehmen." Den PISA-Test an sich in Frage stellen? Niemals! Wisst Ihr nicht, was für unfassbare Umsätze die Schulbuch-Verlage damit machen? Und wer hat in den Kultusministerien wohl mehr zu sagen, ausgebildete PädagogInnen oder die Verlags-Lobby?

Liebe Freunde der Pädagogik, wenn Ihr wollt, dass ich die Kinder auf den PISA-Test vorbereite, dann braucht Ihr's nur zu sagen! Ich bin eine ganz und gar unmoralische Söldnerseele, ich zieh' das durch, ohne mit der Wimper zu zucken. Als Erstes alle schwachen SchülerInnen absägen. Dann Paukschulen nach Vorbild Singapurs (Testsieger) einrichten. Knallharte Selektion durch dauerhafte Testkultur, wer nicht mithält, ist eben abgehängt. Vielleicht hilft massive Nachhilfe in renomierten Institutionen, wenn die Eltern es sich leisten können. Da haben wir Sieger auf allen Seiten: Die Plittikörr können sich einmal jährlich auf die Schultern klopfen, für uns LehrerInnen wird das Leben unglaublich leicht, die Eltern und die späteren Arbeitgeber freuen sich über wohlerzogene, pflegeleichte, seelisch gebrochene,  duckmäuserische Kinder - Friede, Freude, Eierkuchen.

Spaß beiseite, kurzer, ernster Sinn: Das wahnwitzig hohe LehrerInnengehalt ist zu einem gewissen Teil auch ein Schweige- und Schmerzensgeld. Wir ertragen den täglichen Schwachsinn, prostituieren uns (mit der geballten Faust in der Tasche) als Sündenböcke für Plittikörr und Eltern, schweigen und versuchen auch weiterhin, unsere SchülerInnen vor dem kompletten Irrsinn da draußen bestmöglich zu schützen. Wir alle betreiben längst Guerilla-Pädagogik gegen verrottete, verlogene Strukturen.



(Bansky - via wiki commons)







PS: Wer meint, ich hätte hier nur Frust abgeladen, führe bitte folgendes Gedankenexperiment durch.

Gesetzt den Fall, Doitschland wäre im PISA-Test 2016 auf Rang 1 (statt auf 16) von 76 gelandet - welche Option wäre wahrscheinlicher? 

1. Die Plittikörr und die Medien hätten auch in diesem Fall die komplette und ausschließliche  Verantwortung für den Erfolg allein auf die LehrerInnen geschoben, nebst Glückwünschen und Dank für die brilliante Arbeit.

2. Die Plittikörr und ihre anhängigen Ratten hätten sich orgastisch dafür selbstbeweihräuchert, dass sie den ewig-lahmblöden LehrerInnen so eine vortreffliche Struktur verfügbar machten ... blablabla ...







[*1] J.G. Herder: Das größte Übel des Staats, die Ratte in der Bildsäule

Hoan-Kong frage einst seinen Minister, den Koang-Tschong, wofür man sich wohl in einem Staat am meisten fürchten müsse. Koang-Tschong antwortete: »Prinz, nach meiner Einsicht hat man nichts mehr zu fürchten, als was man nennet: die Ratte in der Bildsäule.«
Hoan-Kong verstand diese Vergleichung nicht; Koang-Tschong erklärte sie ihm also:
»Ihr wisset, Prinz, daß man an vielen Orten dem Geiste des Orts Bildsäulen aufzurichten pflegt; diese hölzernen Statuen sind inwendig hohl und von außen bemalet. Eine Ratte hatte sich in eine hineingearbeitet; und man wußte nicht, wie man sie verjagen sollte. Feuer dabei zu gebrauchen getraute man sich nicht, aus Furcht, daß solches das Holz der Statue angreife; die Bildsäule ins Wasser zu setzen, getraute man sich nicht, aus Furcht, man möchte die Farben an ihr auslöschen. Und so bedeckte und beschützte die Ehrerbietung, die man vor der Bildsäule hatte, die - Ratte.«
»Und wer sind diese Ratten im Staat?« fragte Hoan-Kong.
»Leute«, sprach der Minister, »die weder Verdienst noch Tugend haben und gleichwohl die Gunst des Fürsten genießen. Sie verderben alles; man siehet es und seufzet darüber; man weiß aber nicht, wie man sie angreifen, wie man ihnen beikommen soll. Sie sind die Ratten in der Bildsäule.«










Dienstag, 6. Dezember 2016

Lasst nur Eliten um mich sein!


A: Es gibt Menschen, die ständig hart und unermüdlich an ihrem Weltbild arbeiten, Menschen, die auf eine ganz wahllose Weise umfassend aufmerksam und neugierig sind, Menschen, die alle Informationen, derer sie habhaft werden können, verwenden, um ihr Weltbild andauernd zu prüfen, zu modifizieren und zu aktualisieren, im Kleinen wie im Großen, Menschen, die ständig kritisch zweifeln und die sich nur selten und nur unter größter Vorsicht, fast widerwillig, zu Aussagen allgemeinen Wahrheitsgehaltes bewegen lassen und die verbindliche Gewissheiten per se ablehnen.

B: Und dann gibt es die anderen Menschen, jene, die niemals denken, weil denken heißt, dass man zweifelt und weil diese Menschen Zweifel grundsätzlich für Schwäche halten und stattdessen lieber ewige Gewissheiten, bevorzugt in Dreiwortsätzen, mit der gleichen Selbstverständlichkeit absondern, mit der andere scheißen gehen: regelmäßig, jenseits aller Kognition und mit tiefempfundener animalischer Befriedigung.

Typ A, die wahren Menschen, werden von den Populisten weltweit neuerdings ebenso abfällig wie medienwirksam als "Eliten" stigmatisiert und sind schuld an ALLEM. Ich gebe hiermit zu Protokoll, dass ich in diesem Sinne schwerstmehrfach elitär bin und fürderhin ausschließlich mit Eliten zu kommunizieren wünsche.

Typ B repräsentiert das, was die Trumpisten, die machtgeilen Arschlöcher aller Länder, mit versteckter Häme hofieren und bauchpinseln.

Dazu zwei Anmerkungen:

Erstens: Zu Typ A gehören unglaublich viele Menschen, und weder Schulbildung noch Ausbildung, Beruf, Einkommen, Besitz, Alter, Geschlecht, Hautfarbe, Orientierung oder tatsächliches Ansehen spielen eine Rolle bei der Frage der Elitenzugehörigkeit, sondern nur Wunsch und Wille, letztlich zu verstehen, was die Welt zusammenhält. Ich kenne Siebenjährige, die so ticken, und HauptschülerInnen und funktionale Analphabeten.

Zweitens: Es muss klargestellt werden, dass ausschließlich Äußerungen vom Typ A durch § 5 GG richtigerweise unter staatlichen Schutz gestellt sind: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten." 

Man beachte, dass zwischen "Meinung äußern" (Typ A) und "Hirnlos Scheiße labern" (Typ B) ganz klar getrennt werden kann und muss. "Meinung äußern" bedeutet: Erst tüchtig nachdenken ... - und dann (vielleicht) reden. § 5 GG meint ganz sicher nicht Aussagen, die gewöhnlich mit "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen ... " ein- oder ausgeleitet werden!

Merke: Wer die Spießer-Denke schon nicht im löchrigen Brägen behalten kann, sollte sie im stillen Kämmerlein rauslassen, aber keinesfalls öffentlich. Man kackt doch auch nicht auf den Marktplatz, oder? Warum dort also AfD-Demos zulassen?





(stark verändert via igmetall-salzgitter-peine.de)
 







Donnerstag, 1. Dezember 2016

Klare Intoleranz



Lese jrade Stumberger: "Flüchtlinge verstehen".

Stumberger so: Wir müssen die Eigenheiten der Flüchtenden kennen, um die Unterschiede berücksichtigen zu können.

Und ich so: Nö!

Klären wir doch noch mal eben die Rollen: Da kommen Menschen in größter Not zu uns, die alles verloren haben. Ich bin wirklich gerne bereit, sie mit Freundlichkeit und Nächstenliebe zu empfangen und ihnen materiell und ideell alle Hilfe zukommen zu lassen, derer sie bedürfen. Da könnten und müssten wir noch viel mehr tun.

Aber es interessiert mich einen Scheißdreck, was Sunniten von Schiiten halten, oder dass viele Jesiden zutiefst rassistisch sind und dass viele Flüchtende aus extrem frauenfeindlichen und homophoben Kulturkreisen stammen. Ich habe überhaupt keinen (sprichwörtlich: NULL) Bock, mich auf die Hühnerkacke einzulassen, die möglicherweise in den Köpfen einzelner Leute umherschwappt. Da bin ich auch deshalb ganz ungeduldig, weil wir überreichlich genug eigene Fundamental-Vollidioten haben.

Und ich werde keinen noch so winzigen verständnisvollen Schritt auf Idioten zugehen, wenn sie ihren menschenverachtenden, menschrechts- und grundgesetzwidrigen Scheiß hier ausleben wollen.
No way!


 (via wiki commons)
Ich bin echt total nett, aber nicht immer und unbedingt.