Dienstag, 30. Januar 2024

Demokratie at work

 

Mit äußerster kritischer Distanz lese ich regelmäßig auch die "nachdenkseiten.de" (nds). Da findet sich vieles, was ich höchst problematisch, weil einseitig und / oder verfassungsrechtlich fragwürdig finde, aber dann sind da auch immer wieder Dinge, die in anderen Portalen nicht erwähnt werden, obwohl sie es wert wären. 

Zum Beispiel der Bericht über die Bundespressekonferenz vom 24.01.2024, in der ein nds-Journalist darauf hinweist, dass die Bundesinnenministerin den Slogan "From the river to the sea" als pro-palästinensische Formel und Aufruf zur Staatsvernichtung Israels unter Strafe gestellt hat, dass aber der israelische Premier Netanjahu ebendiese Formel verwendet, um Israels Absichten gegenüber den Palästinensern zu beschreiben.

Die sich ergebende Frage, warum eine Formulierung strafbar ist, wenn sie von palästinensischer Seite kommt und auf Israel zielt, nicht aber, wenn sie von israelischer Seite kommt und auf Palästina zielt, wurde mit unerträglichem pseudo-argumentativen Gewürge der Regierungssprecher*innen trotz mehrfacher Nachfragen  nicht beantwortet. 

Der Bericht der Nachdenkseiten erschien mir so albern und hirnverbrannt, dass ich die Quelle prüfte. Und siehe da: Das offizielle Protokoll der BPK auf regierungsoffizieller Seite  bestätigt die Darstellung vollumfänglich. 

Ich weigere mich, diese Geschichte nur als bloße Anekdote abzutun, als ein weiteres Beispiel dafür, wie verlogen, dumm und selbstgerecht das politische Tagesgeschäft ausnahmslos aller unserer Parteien ist. Bei resignativem Zynismus stehenzubleiben, wäre falsch, denn damit würden wir uns von dem Gedanken verabschieden, dass unsere Demokratie zwar gerade ganz beschissen verwaltet wird, dass aber Besserung möglich und in Reichweite ist. Resignativer Zynismus wäre also verfassungsfeindlich. 

Fangen wir also damit an, die Wahrheit zu sagen, denn wir das nicht tun, werden andere, die Faschos, ihre Wahrheit dagegenstellen, und Faesers oder anderer Politiker*innen Schwachsinn gegen die Nazis verteidigen zu müssen, ist das Allerletzte, was wir wollen. Es funktioniert auch nicht.  

Die Wahrheit:

TOP 1: Faeser ist eine bedingungslos machtgeile (s. Hessen-Wahlkampf 2023) opportunistische und inkompetente Egomanin, die in dieser innenpolitisch heiklen Situation völlig überfordert ist, aber so strunzendumm und arrogant, dass sie selbst es nicht merkt..

TOP 2: Alle politischen bzw. politisch-religiösen Führer im aktuellen Nahost-Konfikt sind subklinische Psychopathen, bedingungslos machtgeil und ohne Rücksicht auf Verluste absolut bereit, ihre Anhänger*innen zu massenhaftem Mord und Totschlag aufzustacheln.

TOP 3: Deutsche sind nicht in der Lage, Israel zu kritisieren. Dafür gibt es zwei gute und drei schlechte Gründe.

3.1 Die guten Gründe sind:
3.1.1 Die historische Verantwortung verbietet es uns, und das ist gut so.
3.1.2 Aktuell gibt es in Doitschland immer noch viel zu viele Nazi-Arschgesichter, die es sofort für ihre niedrigen Motive instrumentalisieren würden, wenn Israel-Kritik salonfähig würde. Diese Nazis würden ganz absichtsvoll nicht zwischen berechtigter Kritik und plattem Antisemitismus unterscheiden.

3.2 Die schlechten Gründe sind:
3.2.1 Wir wollen Israel nicht durch Kritik verstören, weil auch berechtigte Kritik reflexhaft mit dem Antisemitismus-Vorwurf totgeschlagen wird.
3.2.2 Wir machen traumhafte Waffengeschäfte mit den Israelis, das will man sich nicht versauen.
3.2.3 Wir sind völlig abhängig von den Amis. Und die wollen gerade nicht, dass wir Israel kritisieren.

Ja, ja, ja ... ja! Das ist ein klitzebisschen verkürzt und vielleicht auch ein bisschen holzschnittartig dargestellt. Aber es ist die einzige Möglichkeit, die offensichtlichen inhaltlichen Widersprüche der o.g. Bundespressekonferenz einigermaßen zu erklären, OHNE DABEI DIE DEMOKRATIE ZU BESCHÄDIGEN!

Entschuldigt die Brüllerei! Macht Euch mal klar, was das bedeutet, wenn sich niemand mehr schämt, das eigene Volk auf so offensichtliche Weise zu belügen! Wieviel Verachtung gegenüber dem Souverän in diesem, unserem Lande, dem Wahlvolk, zeigt sich hier!

....

Ach, Kacke, jetzt habe ich mich wieder voll echauffiert.



(Frazetta: Der Zerstörer, 1954, stark verändert via wiki commons)







Dienstag, 16. Januar 2024

So kann das nix werden!


Lese gerade den "Bodenatlas" von BUND, Böll-Stiftung und TMG. Wenig erbaulich.

Erstens: Die doitschen Gesetze und viel mehr noch die internationalen Verträge zum Bodenschutz sind allesamt zahnlose Tiger. Die Regeln sind so windelweich, so unbrauchbar, so interpretations-offen, so sehr zur Pervertierung und zum Missbrauch einladend, dass der dringende Verdacht naheliegt, das sei von den Verantwortlichen genau so beabsichtigt. Wahrscheinlich würde es diese Gesetze und Verträge gar nicht geben, wenn sie ernsthaft die ungehemmten Profite der Konzerne einschränken könnten. 

Zweitens: Die Regeln für die ökologischen Ausgleichsflächen, der Handel mit CO₂-Zertifikaten etc. etc. führen dazu, dass sich die reichen und mächtigen Nationen und Konzerne von wirksamen Maßnahmen gegen den anthropogenen Klimawandel "freikaufen" können, indem sie irgendwo auf dem Planeten sogenannte "Ausgleichsflächen" kaufen oder pachten, während in ärmeren und wirtschaftlich schwächeren Ländern dafür viele Menschen von angestammten Ländereien, ihrer Lebensgrundlage, vertrieben werden, um einige wenige Lokal-Herrscher mit westlicher Kohle noch ein bisschen reicher und mächtiger zu machen. 

Es bleibt dabei: Ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das ausschließlich  auf der hemmungslosen individuellen Gier nach Geld und Macht basiert, ist per definitionem außerstande, Lösungen für die Allgemeinheit, für unsere globalen Probleme zu liefern. 

Das ist wie Fausts Pakt mit dem Teufel oder wie der Ring der Macht: Alles, was Du damit machst, egal, wie ehrenhaft Deine Ziele scheinen mögen, wird pervertiert, wird böse, dunkel und furchtbar. 

"Je höher die Ideale, desto schlimmer die Ergebnisse." ¹



(via wiki commons)

Eigentlich wollte Dr. S. nur seine Steuererklärung machen ... 



¹Das ist meine Übersetzung einer Übersetzung einer Übersetzung aus dem Tao-te-king. Ob Lu-Tze das jemals so gesagt hat, ist äußerst zweifelhaft. Aber gedacht hat er es bestimmt. Zumindest würde ihm der Satz gut gefallen ... glaube ich. 


Freitag, 12. Januar 2024

Gründe und Abgründe

 

Wegen der Angriffe auf die Schiffe im Roten Meer.
Wegen des Ukraine-Krieges.
Wegen des Gaza-Krieges.
Wegen der Klimakatastrophe.
Wegen China.
Wegen der Bauernproteste.
Wegen des islamistischen Terrors.
Wegen des Leitzinses.
Wegen der steigenden Energiepreise.
Wegen der Energiewende.
Wegen der demographischen Entwicklung.
Wegen der Ampel, speziell den Grünen.

Die Lebenshaltungskosten steigen. Die*der Normalverbraucher*in kann nicht mehr blindlings konsumieren. Das ist ok, wir hatten uns einen Lebensstandard angewöhnt, den wir uns schon längst nicht mehr leisten konnten.

Mit gespannter Aufmerksamkeit sehe ich dem Moment entgegen, an dem die global agierenden Konzerne realisieren, dass Normalverbrauchers Kaufkraft wie eine zu kleine Bettdecke ist: Wenn Du sie nach oben ziehst, wird's unten kalt und umgekehrt. Wenn die Preise für Sprit und Heizung raufgehen, spart man bei den Klamotten, dito Nahrung, Restaurantbesuche, Mobiliar, Wohnen etc. etc. ... Und umgekehrt. Es ist ein Nullsummenspiel, das für fast Alle nur Enttäuschungen bereithält.

Eine Zeit lang werden sich Konzerne damit behelfen, auf den oberen Mittelstand zu fokussieren, aber der schmilzt ja auch schon weg. Übrig bleiben die sehr Reichen, die, global mobil, um so härter umkämpft und umworben werden. 

Das ist die Zukunft der Menschheit in einem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das ausschließlich auf individuellem Egoismus und unendlicher Gier nach Macht und Besitz basiert: 99,5 % Morlocks, die gerade eben so versorgt werden, dass sie dienen können, ohne zu verhungern und ohne zu revoltieren, der Rest eine maximal privilegierte, absolut herrschende Oberschicht.

Falls es dann noch Parteien gibt, sind wahrscheinlich wieder die Grünen schuld.


(stark verändert via H.G. Wells: Zeitmaschine, Film 1959)







Montag, 8. Januar 2024

Dank an die Agrar-Lobby!

 

Die Agrar-Lobby hat mit der Organisation der Verkehrs-Blockaden und teilweise auch mit den verfassungsfeindlichen Umsturz-Aufrufen der Sache der Klima-Aktivist*innen den zweitgrößten ¹  denkbaren Gefallen getan: Die Kriminalisierung der Klima-Bewegung ist logisch nicht mehr länger durchzuhalten!

Es sei denn, die Macht-Habenden gäben endlich öffentlich zu, dass sie mit zweierlei Maß messen: Wenn es um die Interessen großer, kapitalistischer Konzerne geht, um Institutionen also, die per definitionem ihre Profite privatisieren und Kosten und Umweltschäden sozialisieren, dann sind Straßenblockaden akzeptabel, wenn es hingegen (nicht-kapitalistisch) um den Erhalt einer lebenswerten Umwelt geht, dann sind Proteste böse.

Wie herrlich offensichtlich wird dieser Widerspruch uns gerade vor Augen geführt! Und deshalb nochmal: Dank an die mächtigste Lobby in diesem, unserem Lande, die Agrar-Lobby, die dies nicht eindrucksvoller hätte demonstrieren können!

Apropos: Mir kam vorhin ein Trecker auf dem Weg zu irgendeiner Blockade entgegen. Das unbeholfen improvisierte Pappschild am Bug trug den Spruch "Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft". Mir ist nicht ganz klar, was genau da gefordert wird. Die Zukunft der Landwirtschaft in Doitschland sieht bekanntermaßen so aus:

  • Entweder, der Konzentrationsprozess "Wachse oder weiche!" geht weiter, dann sterben die klassisch arbeitenden mittelständischen Betrieben zugunsten immer größerer Agrar-Konzerne restlos aus. 
  • Oder die Familienbetriebe wechseln haste-was-kannste zu nachhaltigen, ökologisch vertretbaren, regional vernetzten Formen und bleiben erhalten. 
  • In keinem Fall wird der klassisch arbeitende Betrieb kleiner oder mittlerer Größe in Zukunft überleben - nicht mal mit noch mehr Subventionen.

Jetzt müsste mir besagte*r Treckerfahrer*in noch mal en détail erklären, was genau sie*er fordert.


(verändert via wiki commons)

Ich LIEBE das Selbstbild, das die Bauern auch in agrarindustriellen Zeiten über sich lancieren. Es ist zwar total antiquiert und unsinnig und verlogen, aber herrlich romantisch. Übrigens: 2021 haben doitsche Agrar-Betriebe Waren für über über 90 Milliarden Euro exportiert. Platz 4 in der Weltrangliste. Soviel zum Thema "Bauern produzieren unser Essen." Schafscheiß!   





¹ Der maximal denkbare Dienst wäre gewesen, die Sache der Umwelt-Bewegten aktiv zu unterstützen, aber das wäre zu viel verlangt.





Dienstag, 2. Januar 2024

FNJ 2024

 

Ich verzweifle so oft über die menschliche Unvernunft, genauer: über unsere und meine Unfähigkeit, das als vernünftig Erkannte in alltägliches Verhalten umzusetzen. Und dann frage ich mich, wie es kommt, dass wir im Laufe der Evolution zwar vergleichsweise üppige kognitive Fähigkeiten erworben haben, aber andererseits sowohl als Individuum als auch als biologische Art sehenden Auges suicidale Strategien unbeirrt und unbeirrbar durchziehen.

Ich fürchte, ich habe neulich die Lösung für diesen Widerspruch gefunden. 

Einfach ausgedrückt besagt Darwins Evolutionstheorie, dass die natürliche Selektion innerhalb einer Art jene Merkmalsvarianten verstärkt, die die größten Chancen hat, fortpflanzungsfähigen Nachwuchs überlebensfähiger zu machen.   

Gedankenexperiment: 

Setting:

  • A.) Wir haben ein Menschen-Individuum, das nicht nur nett und freundlich und selbstlos ist, sondern auch so unfassbar klug, dass es Einsteins Relativtätstheorie verstanden hat und sie in leichtfasslichen Sätzen erläutern kann. Dieses Individuum erläutert uns auch ständig, dass wir jetzt WIRKLICH SEHR ZÜGIG UND KONKRET etwas gegen den anthropogenen Klimawandel unternehmen müssen.
  • B.) Wir haben ein weiteres Individuum, das zwar strunzendumm ist, dafür aber körperlich stark und wohlgestaltet und charakterlich so grenzenlos verdorben und egomanisch, durchtrieben und verlogen, dass es mächtige materielle Ressourcen anhäufen und eine Schar serviler Speichellecker um sich scharen kann. 

Frage:

Welches dieser hypothetischen Individuen hat die besseren Chancen, begattungsbereite Partner*innen zu finden?

Antwort: 

Die Frage ist hypothetisch, also muss der*die*das geneigte Leser*in die plausibelste Antwort selbst finden. Lebenserfahrung hilft.

Schlussfolgerung:

Wieder mal: Unser Gehirn ist kein Erkenntnisapparat, sondern ein Überlebensapparat. Um als Mitglied der Specie Homo sapiens möglichst viel Fressen und Ficken zu können, musst Du Dich exakt so verhalten, wie Individuum B.), also wie die Klimaleugner*innen, SUV-Fahrer*innen, Machos und Machismas, Turbo-Kapitalist*innen und sonstige Fundamentalist*innen es vormachen. Dann bekommst Du Zugriff auf die meisten Sexualpartner*innen. Dümmliches Imponiergehabe ist - so dürfen wir schlussfolgern - ein evolutionär stabilisiertes Verhaltensmuster.

Kluge Vernunft ist es nicht.

Wir werden es nicht schaffen.

Frohes Neues Jahr 2024!



(verändert via wiki commons)
Erst als es viel zu spät war, merkte der Riesenhirsch,
dass zwar nur die Länge zählte, aber ebendies die Art killen würde.
Er sah aber weiterhin keinen hinreichenden Anlass, die Strategie zu ändern.