Dienstag, 19. Dezember 2023

Der Reichsnährstand hat gesprochen!

 

Unbestritten, dass die Bauernlobby in Doitschland sogar noch mächtiger ist als die Autolobby, vor der ja bislang auch jede Regierung jederzeit devot einknickt. Als Bauer wäre ich aber trotzdem schwer beleidigt, wenn mein Verbandspräsident und der zuständige Bundesminister ganz öffentlich damit argumentieren, wenn ich meinen Willen nicht bekäme, liefe ich wieder zu den Nazis über

Gut, eine gewisse Affinität zu der Blut-und-Boden-Propaganda habe ich nie abgelegt, nachdem die Nazis uns damit '33-'45 so überaus erfolgreich gebauchpinselt haben, und entnazifizieren konnte man mich anschließend auch nicht, da ich seinerzeit ernährungswirtschaftlich viel zu wichtig war ...

Aber das so offen rauszuhauen und mit meiner latenten geistigen Nähe zu den heutigen Faschisten  so offen zu drohen, das ist schon ... mutig. Und dass Özdemir ganz öffentlich vor dieser Drohung einknickt, statt empört dagegen Sturm zu laufen, wie aufrechte Demokrat*innen es hätten tun sollen, zeigt, wie goldrichtig der Bauernverband mit dieser Dreistigkeit taktiert. 

Und, abgesehen von dem verschwindend geringen Bruchteil progressiver, d.h. gemeinwohlorientierter, ökologisch arbeitender (Solawi-)Betriebe sind wir Bauern nun mal ausschließlich darauf bedacht, unsere Profite weiterhin zu privatisieren und unsere Verluste und die von uns verursachten Umwelt-Katastrophen weiterhin zu vergesellschaften. Da sind wir konservativ, national - und wenn es um Subventionen geht - auch sozialistisch. 

Und die öffentliche Reaktion gibt uns doch recht: Blockaden durch "Last generation" werden kriminalisiert, Treckerblockaden werden gefeiert. Scholz nennt die Klimakleber "bekloppt", aber die Ampel nimmt die Kürzungen der Agrar-Subentionen sofort zurück. Wir sind durch und durch erfolgreich.

Warum sollten wir Bauern unsere Nähe zu den Nazis also leugnen? Wo uns das so in die Karten spielt?


(verändert via wiki commons)
Das ist die Zukunft, wenn man uns die Subventionen für Agrar-Diesel kürzt!










Samstag, 16. Dezember 2023

Wer entscheidet über Gendersprache?

 

Mich interessiert mittlerweile nicht mehr, aus welchen ausschließlich macht-taktischen Gründen gerade mal wieder die Gendersprache als Sau durch's Dorf getrieben wird. 

Halten wir aber bitte nochmals fest:

  1. Für Schulen und Behörden gilt bei uns, dass die jeweils obersten Dienstherr*innen Verwaltungs- Regelungen erlassen dürfen, z.B. für die Arbeits- und Ablauforganisation, Uniformen, Behördenlogos, Hierarchien, Dienstzeiten - und eben auch für den Schriftverkehr.
  2. Die deutschsprachigen Länder Österreich, Schweiz und Deutschland haben den gemeinsamen "Rat  für Rechtschreibung" gegründet, der Sprachregeln der drei Länder vereinheitlichen soll. Die von diesem Rat beschlossenen Regeln findet man in zwei kostenlosen *.pdf-Dateien auf der Website.
  3. In Deutschland sind diese Regeln für Behörden und Schulen von den weisungsbefugten Dienststellen verbindlich gemacht worden. 

So einfach kann das Leben sein!

Aus irgendwelchen Gründen, geilen sich einige alte weiße Männer¹ aber immer wieder daran auf, unser Leben kompliziert zu machen.

Und deshalb müssen wir immer wieder richtig stellen:

  • Als bayrischer MP darf Söder bayrischen Behörden und Schulen Sprachregeln diktieren. Bevor er sich mit Feinheiten wie dem Gendern beschäftigt, sollte er aber zunächst Sorge tragen, dass in bayrischen Behörden und Schulen richtiges Deutsch, also Hochdeutsch, also Preußisch bzw. Obersächsisch gesprochen wird. Nur zur Information: Der Satz "I hob di des g'sagt g'hobt!" kommt in keiner normalen und richtigen Sprache vor. Was für eine Zeitform soll das sein? Ultra-Perfekt? Deppen-Perfekt? 
  • Der Genderstern kommt in den Regeln des Rechtschreibrates nicht vor. Dass Söder nun öffentlich beteuert, das Gendern verbieten zu wollen, ist also völlig überflüssig, denn in dem Bereich, in dem Söder Regelungsmacht hat, ist das längst geklärt. Was für einen kleinen Pimmel muss man haben, um so auf dicke Hose machen zu müssen?
  • Solange wir nicht im Öffentlichen Dienst tätig sind, also in Behörden und Schulen arbeiten, betreffen uns die Schreibregeln überhaupt nicht. Wir können machen, was wir wollen, und das sollten wir auch ausnutzen!
  • Der Rechtschreibrat ist kein irgendwie demokratisch legitimiertes Gremium, sondern vornehmlich ein Ort, an dem linguistische und politische Personal-Altlasten entsorgt werden. Dementsprechend schwiemelig und intransparent sind seine Arbeit und Ergebnisse. Allerdings hat der privatwirtschaftliche Duden-Verlag dort eine irrsinnige Lobby-Macht und nutzt diese für seine kleinen, dreckigen Spielchen. ³
  • Ich habe NULL Verständnis für pseudoanarchistische Verschwörungs-Trottel*innen, die von Politiker*innen die Einführung gendergerechter Sprache einfordern. Was für ein Schwachsinn! Politiker*innen haben in dieser Hinsicht weder die Macht etwas zu verbieten, noch etwas zu erlauben. Und wer da nach staatlicher Regelung schreit, schafft überhaupt erst das Problem, das sie*er bekämpfen zu wollen behauptet.


(A. Vogel als Beckmesser in Wagners Meistersinger, 1935, verändert via wiki commons)






¹ Ich wiederhole: Dabei kann es sich auch um junge, dunkelhäutige Doppel-X-Chromosomen-Träger*innen handeln. Das Prädikat "alte weiße Männer" bezieht sich auf das Mindset "unbelehrbar, dogmatisch verkrustet, rückwärtsgewandt, rücksichtslos, menschenverachtend, egomanisch und grenzenlos machtgeil". Biologische Details spielen dabei überhaupt keine Rolle. Ich kenne sogar einen Gorilla, der als "alter weißer Mann" durchgehen könnte und vice versa².

² (Aussprache:  [ˈviːt͡sə vɛʁza]; und NICHT, wie die blöden Amis: "vaiss vörsö")

³ Um auch das nochmal ganz klar zu machen: Der Duden-Verlag ist eine ausschließlich profitorientierte Firma und hat NULL Regelungsgewalt. Allerdings arbeiten die Leute seit jeher daran, einen anderen Eindruck zu erwecken. 








Freitag, 15. Dezember 2023

Auf die Art des Donald T. aus W.

 

Höhöhö - joviales Altherren-Lächeln in die Kameras der Welt und kollektives Sich-gegenseitig-auf-die-Schulter-Klopfen: Die Silverbacks der Europäischen Union können sich gar nicht genug beömmeln über den "kreativen Verfahrens-Trick", mit dem sie ein Veto des ungarischen Alleinherrschers mit dessen Einverständnis und aktiver Mithilfe umgangen haben. ¹

Und nur ganz hauchdünn und lieblos wird der andere Trick camoufliert, der Ukraine ein rein symbolisches Signal der Hoffnung auf einen EU-Beitritt zu senden, obwohl ausnahmslos alle Beteiligten wissen, dass dieser Beitritt bestenfalls (!) in sehr, sehr weiter Ferne liegt. Man kann ja erstmal Gespräche versprechen, und mehr, beeilen sich alle zu versichern, ist ja nicht gesagt worden. Der Geruch zukünftiger Enttäuschungen und Frustrationen der naiv-wohlmeinenden Ukrainer*innen weht uns jetzt schon an.

Ich fühle mich herzlich unwohl mit dieser offen vorgetragenen und vorgelebten Verlogenheit unserer allerhöchsten Gremien.

Wenn "kreative Verfahrens-Tricks" angewendet werden müssen, um bestehende Regeln zu umgehen, dann bedeutet das zweierlei:

  1. Die Regeln sind inhaltlich schwachsinnig und müssten dringend verbessert werden. Wenn man aber nicht im Stande und/oder nicht Willens ist, die Regeln, die man immerhin selbst verfasst hat,  einer kontinuierlichen Qualitätskontrolle zu unterziehen, sondern die Fehlerhaftigkeit fortschreibt und sich ständig mit Tricksereien durchschummelt, dann findet kein Verbesserungsprozess statt. Folge: Stagnation, Verkrustung, Ende, aus.

  2. Wenn man auf allerhöchster Ebene vorlebt, dass man Regeln kreativ auslegen kann, dass man jedes Schlupfloch nutzen darf, dass nicht der Geist, die Ethik, sondern nur die kalten, toten Buchstaben des Gesetzes zählen, dann darf man sich nicht wundern, wenn die größten anzunehmenden Arschlöcher dieses Planeten sich diese Lehre zu eigen machen und entsprechend agieren. Und die Ehrlichen stellen mal wieder fest, dass sie mal wieder die Dummen sind. Es kostet Überwindung, in so einer Welt ehrlich zu bleiben.

Kurz: Es ist, was gestern in Brüssel geschah, kein großartiger Sieg, sondern, im Gegenteil, eine grauenhafte und erbärmlich klare ethische und politische Niederlage.


(stark verändert via wiki commons)

Was für einen mörderisch schlechten Einfluss
die Arschlöcher der Welt auf unser Denken haben ...
Warum lassen wir das zu?



¹ Natürlich muss man an dieser Stelle ergänzen, dass Orban zuvor die EU erfolgreich erpresst hat und erst nach einer Zahlung von 10 Milliarden Euro bereit war, seine dreckige Rolle in diesem dreckigen Spiel zu spielen.






Mittwoch, 13. Dezember 2023

Endlich bewiesen: Lagerfeld hatte recht!



Ich hoffe, ich habe das Foto stark genug verfremdet, um keine Urheberrechtsprobleme zu bekommen. 

Bei diesem Pressefoto aus dem Gaza-Streifen fiel mir perversereise das Lagerfeld-Zitat ein:

"Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren."

Dazu zwei Gedanken: 

Erstens: Ganz eindeutig hat Lagerfeld in diesem speziellen Fall recht. Diese Menschen tragen Jogginghosen. Und ihnen wurde die Kontrolle über ihr Leben genommen. Ich betone: Sie haben diese Kontrolle nicht (passiv) verloren, zufällig und versehentlich, wie man vielleicht einen Kugelschreiber oder einen Schlüssel oder einen ethischen Kompass verliert. Die Kontrolle wurde ihnen (aktiv) genommen. Es hat mehrere Gruppen gegeben, die ganz niedrige und erbärmlich egomanische Interessen hatten, diesen Menschen die Kontrolle mit Waffengewalt zu nehmen.

Zweitens: Wenn ich mir einerseits den Kontext des Zitats, den krankhaft arroganten, durch und durch trivialen Lagerfeld, seine dümmliche, überreiche, ekelerregende Camarilla und den ganzen hirnverbrannten aber milliardenschweren Rummel um die Haute-couture so anschaue und wenn ich - vermittelt durch obiges Zitat - andererseits das Leid so vieler Menschen sehe, dann bleibe ich fassungslos zurück und schäme mich wieder mal, dieser Specie anzugehören.






Donnerstag, 7. Dezember 2023

Noch 'n Rückzugsgefecht

 

Der Guardian überrascht mich immer wieder mit Insider-Informationen, so auch heute:

Hätte ich im Traum nicht gedacht, dass Fidel, der Máximo Lider, für die CIA arbeitete. Ich dachte, die hätten, im Gegenteil, eine eher konfliktbeladene Beziehung gehabt, bla, bla, bla ...

Klar, es ist natürlich wieder ein mehr oder weniger ulkiger Übersetzungsfehler:

Warum finden wir derartige Fehler bemerkenswert?

Erstens: Wir haben hier einen schönen Beleg dafür, dass die deutsche Grammatik, die im Vergleich zum Englischen komplexer und intellektuell fordernder ist, nicht ohne Grund ist, wie sie ist. In obigem Titel wird der Plural im Deutschen doppelt markiert: "... Fidel und Rául ..." und " ... arbeiteten ...". Im Singular stünde das Verb "... arbeitete ...". Im Englischen gibt es nur "... worked ...", und so musste die KI raten, ob Juanita oder Fidel und Rául für die CIA arbeiteten.

Zweitens: Wenn man aussichtslose Rückzugsgefechte führt, ist man für kleine Erfolge besonders dankbar. KI wird uns überrollen, und was vom menschlichen Geistesleben übrigbleibt, wird erbärmlich sein. Umso mehr erfreuen wir uns immer wieder daran, KI an Rückbezüglichkeiten (" ... who worked with CIA ...") scheitern zu sehen.

Um die Aussage der Titelzeile aufzulösen, muss man das Kontextwissen haben, dass Fidel und die CIA eher nicht kooperiert haben. Eine einigermaßen gute KI müsste sowas "wissen". Aber sie müsste auch "wissen" dass sie in diesem Fall, bei dieser Übersetzung, auf dieses "Wissen" zurückgreifen müsste - und woher, bitteschön, soll sie das denn "wissen"?

Klar, man könnte KI lehren, bei jedem Rückbezug eine Plausibilitätsprüfung einzuschleifen, aber wie berechnet die KI Plausibilität? Und wie lange soll sie rechnen, wenn es keine eindeutige Lösung gibt? Beispiel: "Horst liebt Heiko, weil er so nett ist." Ist Horst nett oder Heiko? Ich weiß es nicht, weil ich weder Horst noch Heiko kenne. Ich müsste nachfragen. Vielleicht tue ich es, vielleicht auch nicht, wen interessiert's? Was aber soll die KI in so einem Fall machen? Mich mit blöden Nachfragen zum Wahnsinn treiben? 

Suhlen wir uns noch ein bisschen in dem rasend schnell austrocknenden Tümpel des Überlegenheitsgefühls, das wir dem unerreichten menschlichen Kontextualisierungsvermögen verdanken.


(verändert via wiki commons)
 


 

 



Sonntag, 3. Dezember 2023

Advent = Ankunft

 

 

(...)
It's okay to start again cause change is gonna come.
Nothing ever stays the same, it's not like we're still young.
Let's blow it up and burn it down so we can stand alone.
No Fear of change, no fear of the unknown.

All my hopes and memories are blowing in the wind,
I started off with nothing and I'm back here once again.
(...)

Amy Mcdonald - Ashes  




Vorgestern anner Küste