Samstag, 25. April 2015

Sprech und Wahrsprech


Sprech: Was die Türken mit den Armeniern gemacht haben, war kein Völkermord, sondern es gab intensive bilaterale Kontakte mit vereinzelten bedauerlichen Kollateralschäden.
Wahrsprech: Natürlich war das Völkermord. Was denn sonst?

Sprech: Gesucht: Baggerfahrer [m/w], Menschen mit Behinderungen werden bei gleichen fachlichen Voraussetzungen bevorzugt, gute deutsche Sprachkenntnisse erwünscht.
Wahrsprech: Baggerfahrer, keine Krüppel, keine Frauen, keine Kanaken.

Sprech: Wir helfen den Menschen in Griechenland.
Wahrsprech: Fickt Euch ins Knie, Ihr Opfer!

Sprech: Wir helfen den Flüchtlingen aus Afrika.
Wahrsprech: ...


Besorgniserregend ist nicht die verlogene Heuchelei an sich. Jede/r normaldenkende Mensch weiß, was dahinter steckt. Besorgniserregend ist, dass hinter der Fassade Schritt für Schritt zunehmende Menschenverachtung salonfähig wird. Und wenn jemand mit dem Finger auf die allzuoffensichtlichen Missstände zeigt, dann folgt immer öfter perfekt geschauspielerte pseudo-cholerische Rumbrüllerei, mit der jede Chance auf rationalen Diskurs sofort totgeschlagen wird.

Lasst uns damit aufhören. "Man spürt die Absicht und man ist verstimmt.", sagte JWG. Also bitte:

Sollen die Türken doch bitte den Arsch in der Hose haben, zuzugeben: "Ja, klar war es Völkermord, und übrigens stehen wir auch hundert Jahre später noch voll dahinter, schließlich machen wir mit den Kurden heute ja praktisch nix anderes. Und weil das so ist, denken wir nicht mal im Traum dran, den Armeniern, diesen unkultivierten Loser-Untermenschen, auch nur einen Cent Wiedergutmachung zu zahlen. Wenn in dieser Ecke der Welt einer einen auf dicke Hose macht, dann sind wir das, klar!? Und wenn der Rest der Welt uns darum verachtet, dann wissen wir wenigstens, warum."

Das Gleiche im kleineren Rahmen: Warum zwingen wir den deutschen Spießer-Arbeitgeber, seine Stellenanzeigen politisch korrekt zu verbrämen? Soll er doch seine behinderten-, ausländer- und frauenfeindliche Einstellung in die Welt blähen dürfen. Im Gegenzug dürfen wir ihn ganz offen als "dummes Arschloch" bezeichnen, was genau so wahr und klar ist. Und wir könnten entscheiden, mit diesem Arschloch keine Geschäfte mehr zu machen ...


Der Kampf um political correctness in der Sprache ist nicht nur belächelnswerte Kosmetik. Dahinter lauert ernsthafte Gefahr.









(Bilder vom Völkermord an den Armeniern - via wiki commons - wo diese Bilder herkommen, gibt es noch mehr davon. Wer sucht, der findet.)



Es wäre ganz reizend, wenn Herr Erdogân mal erklären könnte, wo nach seiner Meinung "Völkermord" anfängt.










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