Donnerstag, 5. April 2018

"It's a little retro ..."*


Nach langem Hin- und Herüberlegen habe ich mich schlussendlich doch dazu durchgerungen, den "Alle-Rassisten-sind-Arschlöcher-.-Überall"-Aufkleber am Heck meines Autos zu applizieren.

(verändert via linke-t-shirts.de)


Contra-Argumente waren:
  • Auto-Aufkleber werden nur wenig wahrgenommen.
  • Als Beamter muss ich neutral sein.
  • Es besteht die Gefahr, dass irgendeine hirntote Braunbratze mangels Diskursfähigkeit sich am wehrlosen Auto vergreift.
  • Der Spruch ist so alt, dass er bestenfalls als "retro", wahrscheinlicher aber als Ausdruck einer three-quaters-life-crisis durchgehen wird.
  • Er enthält eine fäkalsprachliche Verunglimpfung.

Pro-Argumente waren:
  • Auto-Aufkleber werden ohnehin nur wenig wahrgenommen.
  • Als Beamter bin ich kein politischer Kastrat, sondern habe ich beeidet, unsere FDGO zu verteidigen, und die hat's derzeit und bei diesem Thema wahrlich nötig.
  • Der Spruch hatte damals, 80er Jahre, einen Vorgänger, der auch nicht schlecht war: "Alle Menschen sind Ausländer. Fast überall." Ich mochte es schon immer, dass die kritische Szene mit der "Rassisten = Arschloch"-Variante das eigene Weichgespültsein auf's Korn genommen und konsequent eine etwas schnoddrigere Alternative entwickelt hat. 
  • Nicht der Spruch ist "retro", sondern die Probleme sind es. Die Orbans, Kaczynskis, Netanjahus, Trumps, Erdogans, Sachsen, Bayern etc. etc. drehen die Inhalte des gesellschaftlichen Diskurses zurück in die 1950er, 1930er, ins Mittelalter ...
  • Wenn es stimmt, darf man es auch sagen.
  • Entscheidendes Argument zum Schluss: Alle rezenten Nationalisten, Rassisten, Sexisten, Fundamentalisten und Was-weiß-ich-isten, bomben uns seit Jahren tagtäglich mit zunehmender Tendenz mit Sprüchen zu, die politisch so dermaßen unkorrekt, so rückwärtsgewandt und brandgefährlich sind, dass sie früher zum sofortigen Platzverweis geführt hätten. Durch die schiere Menge des medial vermittelten Schwachsinns, durch die praktische Unfähigkeit der kritischen Geister, das Alles im Einzelnen aufzuarbeiten und also zu widerlegen, könnte gegenwärtig bei leicht beeinflussbaren Menschen der Eindruck entstehen, das sei normal und die braune Soße werde allmählich wieder salonfähig.
    So ist es aber nicht. Und es ist eine uralte Erbkrankheit der denkenden, kritischen Mehrheit, anzunehmen, die lancierte Unwahrheit der bösen Braunbratzen sei so offensichtlich blödsinnig, sie werde sich selbst entlarven, man könne das vornehm schweigend abwarten.
    Ist sie nicht. Tut sie nicht. Kann man nicht.
Es ist an der Zeit, Zeichen zu setzen.






*  Titelzeile  aus: Sparks: Missionary Position

"...
You might have positions you can recommend
But I don’t know if we’ll ever get to them
‘cause we feel alright, the stars are bright, the missionary position
You might pride yourself, you’re so Avant garde
But we're neoclassicists, I guess, at heart
 
Patronise all you like, we both like the missionary position
Missionary, missionary, missionary, missionary…
 
It’s a private matter as to frequency
But we both are smiling as you well can see
And it ain’t no joke, it ain’t baroque, it’s the missionary position
 
It’s a little retro and a bit passé ..."






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