Mittwoch, 30. August 2017

Freuden der Mathematik

Interessante Sache, das:

  • In Südostasien, im weiten Umfeld rund um Kalkutta, hat der Monsun 1.500 Menschenleben gefordert. 
  • In den USA, im weiten Umfeld rund um Houston, hat der Wirbelsturm "Harvey" 30 Menschenleben gefordert.
  • Kalkutta ist von meinem Heimatdorf 7.347,29 km entfernt.
  • Houston ist von meinem Heimatdorf 8.180,15 km entfernt.
  • Über die Sache in den USA wird, konservativ geschätzt, 100mal mehr berichtet.

Aufgabe: Berechnen Sie den journalistschen Wert eines Menschenlebens.

1.500 Menschen, 7.347,29 km entfernt, ist gleich ... äh ... 4,89819.

Das bedeutet, ein toter Inder reicht für etwa 5 Kilometer Distanz, um aus einer Katastrophe noch eine Nachricht zu machen, jedenfalls bei tagesschau.de, bei den anderen wichtigen Presse-Portalen reicht es dazu nicht.

Im Vergleich die USA: 30 US-Todesopfer 8.180,15 km entfernt ... sind ... ah! Ein toter US-Amerikaner reicht immerhin für knappe 273 km Distanz, um hier noch als Nachricht verwurstet zu werden.

Nun müssen wir aber noch berücksichtigen, dass über "Harvey" mindestens 100 Mal mehr berichtet wird. Demnach ist der tote Ami für 27.300 Kilometer Berichtsdistanz gut.

27.300 : 5  =  5.460

Das bedeutet, ein US-Amerikaner ist in der medialen Darstellung genau so viel wert wie 5.460 Asiaten.

Immer wieder herrlich, wenn unbestechliche Mathematik bestätigt, was man intuitiv längst wusste.






(Gandhi, Salzmarsch, verändert via wiki commons)
Auf diesem Bild sind etwa 24 Inder erkennbar, also knapp ein halbes Prozent eines Amis.











Sonntag, 20. August 2017

Kreative Pause


Dieser Blog und ich, wir beide brauchen mal eine kreative Pause bis ... achgottchen, keine Ahnung ... zwei, drei Wochen?













Freitag, 18. August 2017

À la recherche de la nature perdu




(16.08.2017, Ammerland, östl. Z'wahner Meer, 600 ft.)

Baumschule aus knapp 200 m Höhe. Jaaa, ok, noch ein anschaulicher Beweis dafür, dass wir im Stande sind, unsere einst natürliche Umwelt in etwas zu versaubeuteln, das dem ästhetischen Anspruch eines wohlsortierten Kleinteile-Magazin eines pingelfroschigen Hobbybastlers entspricht.

Wir können das mit kontinentalen Ökosystemen wie dem Regenwald und wir können das bis hinunter zur Ebene der Biochemie. Ob wir mit dieser Fähigkeit gerade klug umgehen, muss hingegen auf's Äußerste bezweifelt werden.








Freitag, 11. August 2017

Bizarre Beziehung


Neulich war ich mal ausweglos geistig gelangweilt. Stellte mir Denksportaufgabe: "Was würde ich der/dem BundeskanzlerIn Deutschlands sagen, wenn ich 15 Minuten ihrer/seiner ungeteilten Aufmerksamkeit in stillem Kämmerlein hätte?" Ernüchterndes Ergebnis: Hunderte hochethischer und kluger Gedanken, die aber allesamt folgenlos verpuffen würden.

Analogie: Was mache ich denn als Lehrer, wenn SchülerInnen im persönlichen Gespräch klagen über Missstände, die ihnen das Schulsystem erzeugt? Selbst wenn ich ihre Kritik für berechtigt hielte, würde ich ja doch im Hinterkopf meine Sicht auf die vielen Zwänge, die Rücksichtnahmen, die individuellen und institutionellen Korruptionen und einst geschlossenen gesellschaftlichen Kompromisse, kurz: die ganzen "gewachsenen Strukturen" haben, die zu den vielen kleinen oder großen Miseren führten.

Es wäre bestenfalls beschwichtigendes Blabla, mit dem ich berechtigter Kritik entgegenträte, und später, in Momenten gesteigerter ethischer Sensibilität, würde ich mich wahrscheinlich schlecht fühlen, mich von diesem Dreckssystem so korrumpiert haben zu lassen, dass ich es überhaupt - und wenn auch nur lahm - verteidige, statt ehrlicherweise zu sagen "Ja, Du hast recht. Ich erkläre Dir eben die Ursachen, und dann lass uns endlich das ganze verkorkste System über'n Haufen schmeißen. 'The future starts today'!"

Auch von Plittikörrn aller Couleur hören wir nur beschwichtigendes Blabla, bei Polit-Profis vermutlich ohne nachgehende Skrupel, da krankhafte Machtgeilheit die Momente gesteigerter ethischer Sensibilität längst rückstandslos untergepflügt haben. [*1]

Egal, es bleibt das Ergebnis, dass vernunftbasierte Kommunikation zwischen verschiedenen Ebenen gesellschaftlicher Macht nicht existiert, nicht existieren kann.

Was bleibt?

In Diktaturen nur die solidarische, gewaltfreie Revolution von unten mit dem Ziel einer echten Demokratie.

In Gesellschaftsformen, in denen tatsächlich allgemeine, unmittelbare, freie, gleiche und geheime Wahlen die Machtfrage klären, in Demokratien also, bleibt nur höflich kaschierte gegenseitige Verachtung.

Der letzte Satz muss erklärt werden. Dabei verkürze ich die Akteure einerseits auf das wahlberechtigte Volk, den verfassungsgemäßen Souverän des Staates, und andererseits auf die Kaste der Plittikörr, denen das Wahlvolk die Ausübung der Macht übertragen hat.

Warum also "nur höflich kaschierte gegenseitige Verachtung" zwischen diesen Akteuren? Ganz einfach:

Das Wahlvolk darf nie, niemals, niemals wieder vergessen,
  • dass den gewählten Plittikörrn die Macht nur vorübergehend von ihm übertragen wurde [*2] und 
  • dass die Leute, die am meisten darauf aus sind, diese Macht zu erhalten, grundsätzlich am wenigsten geeignet sind, sie auszuüben und   
  • dass Macht korrumpiert, absolute Macht absolut.

Umgekehrt denken PlittikörrInnen, wenn sie ans Wahlvolk denken, grundsätzlich an eine Horde infantiler Idioten. Das ist anhand der Art und Weise, wie sie uns ganz offensichtlich und schamlos belügen, betrügen, vertrösten und mit irrwitzigen Wahlversprechen zu ködern gedenken, eindeutig zu belegen.

Und der Erfolg spricht ja nicht unbedingt dagegen. Und so ist es mitunter schon in Ordnung, wenn Plittikörr nicht sofort jeden Schwachsinn ernst nehmen oder gar umsetzen, den ein von Populisten jederzeit hochpeitschbares und hochgepeitschtes Volk in temporärer Aufgeregtheit fordert, man denke an die hirnlosen Diskussionen um Todesstrafe, Flüchtlinge, Europa, blablabla ... Da kann die unerträgliche Arroganz der Plittikörr-Macht durchaus positive, weil stoßdämpfende Wirkung haben.

Dieser Antagonismus, ein kritisches, jeglicher staatlicher Macht gegenüber misstrauisches Wahlvolk auf der einen und eine machtgeile und begrenzbar machtausübende Plittikörr-Kaste auf der anderen Seite, das scheint, so unglaublich es klingt, ein Erfolgsrezept zu sein.

Natürlich ist es etwas peinlich, zugeben zu müssen, dass wir, ach, so aufgeklärten und intelligenten WählerInnen uns nicht einfach auf der Basis von Vernunft, Solidarität und Mitgefühl selbst verwalten können, sondern dazu der Hilfe psychopathischer Machtmenschen bedürfen. Soll da des Sängers Höflichkeit schweigen. Aber wir dürfen es auch nicht völlig vergessen. [*3]








[*1] Und dabei rede ich von den noch leidlich demokratischen Vertretern. Bei den zertifizierten Riesen-Arschlöchern, den Erdogans, Trumps, Kims, Kaczinsys, Orbans etc. etc. etc. etc. etc. würde schon der allererste Anflug ethischen Räsonnements zum sofortigen Zusammenbruch führen.
 
[*2] Während ich dies schreibe, läuft ganz in der Nähe gerade eine Veranstaltung, die diesen scheinbar banalen Satz hochaktuell macht. 

[*3] Vgl. Defäkation. Jede/r macht's, es sollte normalerweise nicht unser Denken beherrschen, aber  vergessen sollten wir's auch nicht.




Dienstag, 8. August 2017

An-Sich-ten


Es gibt Dinge, deren
tatsächliche Struktur, Größe und Bedeutung
man erst dann richtig erfassen kann,
wenn man Perspektive und Distanz variiert. 


(Militär-Schießstand, 600ft)

(Einstieg in die Teststrecke der Magentschwebebahn, 700ft)







Samstag, 5. August 2017

Ich Dich ehren? Wofür?


Wie sich Sozen, Gewerkschaftler und nun auch die Lobbyisten kleiner und mittlerer Handwerker derzeit um das Wohlergehen unserer allesbeherrschenden verbrecherischen doitschen Autokonzerne bemühen, wie schwerstkriminell-bandenmäßige Betrüger plötzlich von allen in Schutz genommen werden, erstaunt dann doch - zumindest den Naivling in mir, der immer noch daran glauben mochte, Sozialdemokraten, Gewerkschaftler etc. stünden prinzipiell für die Interessen der gesellschaftlich Machtlosen, für Ehrlichkeit, Fairness und Solidarität und seien daher natürliche Feinde der Mega-Konzerne.

Schmink' es Dir endlich ab, Du heilig glühend Herz! Es ist keine Demokratie, in der Du lebst. Es geht nicht darum, dass die Gemeinschaft als Gemeinschaft darüber nachdenkt und entscheidet, was für alle zusammen auf Dauer das Beste ist. Es geht immer und überall, links, rechts, oben, unten, vorn und hinten, nur um die hemmungslose, egoistische Durchsetzung von Partialinteressen. Die Sozis prostitutieren sich um des Machterhalts willen genauso für jeden Dreck, wie alle anderen auch.

Das Einzige, was eine derartige Pseudo-Demokratie besser macht, als autokratische Konstruktionen, ist, dass die Repräsentanten ein klein wenig mehr Demut mimen müssen und dass die Korruption ein klein wenig diskreter abläuft. Die Unterschiede sind aber nur graduell.

Anders gesagt: Auch nach fast 70 Jahren Menschenrechts-Charta und Grundgesetz müssen wir drum kämpfen. Demokratie den Plittikörn zu überlassen ist schlimmer, als nur den Bock zum Gärtner zu machen.




(verändert via wikicommons)
Ursula Le Guin


"Tomars Definitionen: 'Regierung: die legale Ausübung von Macht, um Macht zu erhalten und zu erweitern.'"
aus: Ursula LeGuin; Freie Geister; Ffm 2017; S. 185