Mittwoch, 29. April 2015

Klassenfahrt



Das Wittmunder Schmierblatt falschmeldet, SchülerInnen würden heute mal wieder gegen den Klassenfahrtsboykott der GymnasiallehrerInnen protestieren. Erstens protestieren die Kiddos gegen die Bildungspolitik der Landesregierung und haben, ebenso wie die Eltern, landesweit Verständnis dafür, dass die LehrerInnen sauer sind, und zweitens ist der Begriff "Klassenfahrtsboykott" in diesem Zusammenhang völlig sinnwidrig.

Nochmal für Langsamversteher: LehrerInnen steht es völlig frei, Klassenfahrten zu organisieren und durchzuführen oder es zu lassen. Die Argumente sprechen aus LehrerInnensicht schon seit langem dagegen: 
  • versicherungstechnisch sowieso der totale Wahnsinn, 
  • finanziell meist ein persönliches Zusatzgeschäft im zwei- bis dreistelligen Eurobereich,
  • irrsinnige Mehrarbeit vor, während und nach der Fahrt ohne ernstzunehmenden Ausgleich,
  • die eigentliche Arbeit muss vor- und nachgeholt werden,
  • es ist unglaublich anstrengend,
  • die pädagogische Bilanz ist nie valide evaluiert worden.

Kurz: Wir haben das aus reinem persönlichen Engagement gemacht - und dieses Engagement wird uns von den Kultusplittikörrn seit Jahren systematisch ausgetrieben. 

Entscheidend aber ist: Wir können Klassenfahrten gar nicht boykottieren, weil es jeweils freiwillige Leistungen sind! Das Nicht-Erbringen einer freiwilligen Leistung als Boykott zu bezeichnen, ist Schwachsinn.

Beispiel:
  1. Jede/r kann mir sofort, auf der Stelle, freiwillig 50 Euro schenken.
  2. Hm. Keiner macht's?
  3. Rabäääh, alle Welt boykottiert mich. Wie gemein die alle zu mir sind!

Fangt, liebe Leute, stattdessen doch mal an logisch zu denken: Wenn Frau Heiligenstadt so viel Spaß an Klassenfahrten hat, dann ist das doch die einfachste Sache der Welt: Sie bräuchte nur einen entsprechenden Erlass rauszuhauen, der besagt, wann wie viele Klassenfahrten wohin durchzuführen sind. Als beamteter Lehrer würde ich dann selbstverständlich nur noch zackig grüßen und freudig erregt gehorchen.

Aber so ein Erlass wird nie kommen, denn dann wäre die Diplomverwaltungswirtin (FH) H. aus N. nämlich gezwungen, die entsprechenden Ressourcen dafür aus ihrem Etat locker zu machen: Geld, Lehrerstunden, Risikoabdeckung. Nein, liebe Leute, eher wird Frau H. sich die Zunge abbeißen, als sich darauf einzulassen! Es ist viel billiger und einfacher, wenn man sich weiterhin darauf verlässt, dass die LehrerInnen als nützliche Idioten mit dem Totschlag-Argument der pädagogischen Verantwortung sich selbst immer noch ein bisschen mehr ausbeuten.

Und wenn die das mal verweigern, weil sie's gar nicht noch mehr können und weil sie in diesem maroden System längst über dem Limit arbeiten, dann kann Frau H. und ihre Camarilla den altbekannten Knüppel stumpfer Anti-LehrerInnen-Polemik schwingen. Das kennt man, und man weiß, dass die Doofen-Presse, wie z.B. der Harlinger, das Drecksspiel immer wieder gerne mitspielt.




(via wiki commons - ohne weitere Angaben)
Ja, gut, wenn ich dieses wahre und friedliche Bild "Rückkehr von einem Schulausflug" so betrachte, dann frage ich mich natürlich schon, ob ich nicht ein zu zynischer, hartherziger Lehrer bin und was ich den zarten Schülerseelen antue, derlei zu verunmöglichen.











Montag, 27. April 2015

Warum tun die Amis das?



Wie können unsere großen, transatlantischen Freunde uns nur ein ums andere Mal so schmählich hintergehen, ausspähen, belügen und betrügen?!

Ganz einfach: Wir laden sie ein ums andere Mal dazu ein! Wenn jemand so hirn- und bedingungslos eine Unterwerfungsgeste nach der anderen zeigt, wenn jemand so sabbernd um Schläge bittet, wie es unsere Bundesregierungen der Reihe nach tun - warum sollten die Amis dann nicht zuschlagen?

Der BND hat illegal massenhaft unsere Daten weitergegeben. Warum? Weil sie stolz und geil darauf waren, darob von den Doms der US of A Beachtung zu erfahren. Auch von Kindern aus dysfunktionalen Familien weiß man, dass sie aus dem Empfang physischer oder psychischer Gewalt oft positive Gefühle ziehen, weil sie daran erkennen und genießen, überhaupt beachtet zu werden.

Zwar glaube ich nicht, dass unsere Plittikörr und die BND-Böberschten allesamt eine schwere Kindheit hatten, aber die kindergartenpädagogische Ursachenforschung lässt sich interessanterweise 1 : 1 auf die deutsche (Nachkriegs-)geschichte anwenden.


(via wiki commons, USA, 1946-53)

Lustgewinn aus Unterwerfungsgesten? Ach Gottchen, wenn zwei sich einig sind, ist alles möglich - und wenn sie Spaß dran haben? Was soll's! Aber bei dem, was die Geheimdienste machen, geht's um meine persönlichen Daten. Da ist dann auch mal Schluss mit lustig!


Samstag, 25. April 2015

Sprech und Wahrsprech


Sprech: Was die Türken mit den Armeniern gemacht haben, war kein Völkermord, sondern es gab intensive bilaterale Kontakte mit vereinzelten bedauerlichen Kollateralschäden.
Wahrsprech: Natürlich war das Völkermord. Was denn sonst?

Sprech: Gesucht: Baggerfahrer [m/w], Menschen mit Behinderungen werden bei gleichen fachlichen Voraussetzungen bevorzugt, gute deutsche Sprachkenntnisse erwünscht.
Wahrsprech: Baggerfahrer, keine Krüppel, keine Frauen, keine Kanaken.

Sprech: Wir helfen den Menschen in Griechenland.
Wahrsprech: Fickt Euch ins Knie, Ihr Opfer!

Sprech: Wir helfen den Flüchtlingen aus Afrika.
Wahrsprech: ...


Besorgniserregend ist nicht die verlogene Heuchelei an sich. Jede/r normaldenkende Mensch weiß, was dahinter steckt. Besorgniserregend ist, dass hinter der Fassade Schritt für Schritt zunehmende Menschenverachtung salonfähig wird. Und wenn jemand mit dem Finger auf die allzuoffensichtlichen Missstände zeigt, dann folgt immer öfter perfekt geschauspielerte pseudo-cholerische Rumbrüllerei, mit der jede Chance auf rationalen Diskurs sofort totgeschlagen wird.

Lasst uns damit aufhören. "Man spürt die Absicht und man ist verstimmt.", sagte JWG. Also bitte:

Sollen die Türken doch bitte den Arsch in der Hose haben, zuzugeben: "Ja, klar war es Völkermord, und übrigens stehen wir auch hundert Jahre später noch voll dahinter, schließlich machen wir mit den Kurden heute ja praktisch nix anderes. Und weil das so ist, denken wir nicht mal im Traum dran, den Armeniern, diesen unkultivierten Loser-Untermenschen, auch nur einen Cent Wiedergutmachung zu zahlen. Wenn in dieser Ecke der Welt einer einen auf dicke Hose macht, dann sind wir das, klar!? Und wenn der Rest der Welt uns darum verachtet, dann wissen wir wenigstens, warum."

Das Gleiche im kleineren Rahmen: Warum zwingen wir den deutschen Spießer-Arbeitgeber, seine Stellenanzeigen politisch korrekt zu verbrämen? Soll er doch seine behinderten-, ausländer- und frauenfeindliche Einstellung in die Welt blähen dürfen. Im Gegenzug dürfen wir ihn ganz offen als "dummes Arschloch" bezeichnen, was genau so wahr und klar ist. Und wir könnten entscheiden, mit diesem Arschloch keine Geschäfte mehr zu machen ...


Der Kampf um political correctness in der Sprache ist nicht nur belächelnswerte Kosmetik. Dahinter lauert ernsthafte Gefahr.









(Bilder vom Völkermord an den Armeniern - via wiki commons - wo diese Bilder herkommen, gibt es noch mehr davon. Wer sucht, der findet.)



Es wäre ganz reizend, wenn Herr Erdogân mal erklären könnte, wo nach seiner Meinung "Völkermord" anfängt.










Mittwoch, 22. April 2015

Mir fällt dazu nix mehr ein.


Jahrhundertelang kämpften immer ein paar Menschen einen aufopferungsvollen Kampf um Aufklärung, Menschenrechte und Freiheit. Dann kam die Freiheit - unverdient - zu uns und nie war das Volk freier und nie zuvor mehr Herr im eigenen Staate.

Und was tat das Volk? RTL2 gucken, dümmstmöglich konsumieren und die Macht und die Freiheit, weil lästig geworden, bereitwilligst an die größten anzunehmenden Arschlöcher, die Konzerne und die Plittikörr abgeben.

Gegen Tyrannen kann man kämpfen. Aber wenn der freie Wille eines freien Volkes sich dergestalt offenbart, wie es bei uns gerade der Fall ist, dann kann man nur kapitulieren.

"Das größte Elend entsteht beim Bemühen,
Menschen glücklich zu machen.

Je höher die Ideale, desto schlimmer die Ergebnisse."

Lao-Tse


(via wiki commons)





Sonntag, 19. April 2015

Mene mene tekel upharsin


Überfliege gerade mal wieder ein "Kundenmagazin" einer großen Buchhandelskette. Interessant, die Kurz-Biographien der AutorInnen und die Kurz-Inhaltsübersichten ihrer Romane.

In vielen Biographien liest man da sowas:  " ... studierte drei Semester Philosophie und Literatur, ging dann aber für ein  Jahr nach Australien, um das Land und seine Menschen kennenzulernen ..."; " ... mit Mitte 30 gab sie ihre Tätigkeit als Mediengestalterin auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Zwei Jahre später debütierte sie mit ihrem Erstlingswerk ... "

Und die Inhalte: "Die gutaussehende, erfolgreiche Architekturstudentin findet im Nachlass ihrer Mutter Briefe ihres Vaters, den sie nie kennengelernt hatte. Sofort macht sie sich auf nach New York, wo sie nach einem halben Jahr der Suche ..." oder "Eine mysteriöse Frau schlägt XYZ in ihren Bann. Er folgt ihr durch halb Europa. In Istanbul kommt es zu einer dramatischen Begegnung ..." oder "Drei Jahre lang bereitet ZYX akribisch seine Expedition vor. Seine Ausstattung entspricht dem neuesten Stand der Technik ..."

Was haben AutorInnen und Protagonisten gemeinsam? Offenbar jede Menge Zeit! Offenbar jede Menge Kohle! Offenbar keinerlei private / menschliche Verbindlichkeiten! Es freut mich natürlich für die AutorInnen, wenn die tatsächlich so ein locker-flockig-leichtes Easy-peasy- Leben haben, und gewiss bin ich auch ein bisschen neidisch.

Aber die Texte? Och nöö! Gewogen und für zu leicht befunden. Das ist alles so unrealistisch, so wenig anwendbar. Da entstehen keine Friktionen, die das Handeln einer Figur doch erst spannend machen. Die Leseproben erinnern viel zu sehr an die überbelichtete aber inhaltsleere Raffaello-Werbung. Das Schlimmste, was man über literarische Texte sagen kann: Nichtssagend.

Die Fernsehwerbung kann man wegzappen, die Bücher können ungekauft bleiben.






Übrigens: Wär' ich die Tussi aus der Raffaello-Werbung, würd' ich mich erschießen.

(via wiki commons)





Freitag, 17. April 2015

Vogelbeobachtung


Gemäß Empfehlung der Umwelverbände füttere ich Vöglein nun ganzjährig. Nun ist in meinem Garten reichlich Flug- und Fressbetrieb und ergo reichlich Lehrhaftes zu beobachten:

Spatzen hauen sich untereinander gerne kurz und herzlich, sind aber zu Meisen freundlich, rücksichtsvoll und zurückhaltend. Meisen sind sowohl untereinander als auch gegenüber ähnlichen Spezies stets freundlich. Die fetten Amseln sind dumm, bierärschig, egoistisch und übermäßig und blindlings gewaltaffin. Finken sind introvertierte Einzelgänger und stehen immer am Rande. Tauben sind friedlich, nett, aber dumm, kacken alles voll, und strapazieren Toleranz und Tierliebe. Dohlen und alle möglichen Krähen, Raben und Elstern sind wirklich intelligent und machen den Eindruck, dass hingehängte Meisenknödel zu einfach, zu wenig intellektuelle Herausforderung und daher uncool sind. Und dann ist da noch der retardierte Jungspecht, der sich über die Meisenknödel hermacht, statt sich stolz art- und altersangemessenen Jagd- und Fressverhaltens zu befleißigen.

Ich lerne: Vögel sind auch nur Menschen sind auch nur Vögel.






Mittwoch, 15. April 2015

Flexibel bleiben!



Ein überaus engagierter und namhafter Förderer der ostfriesischen Sprache forderte jüngst käseblattöffentlich, die SprecherInnen des Ostfriesischen sollten alltäglich stur und stolz bei ihrer Sprache bleiben, gerade auch, wenn ihr Gegenüber nur Hochdeutsch spräche.

Ich stelle klar: Ich mag die ostfriesische Sprache gerne hören, was bei mir durchaus nicht für jeden deutschen Regiolekt gilt. Und ich mag selbstbewusste Menschen. Es ist für mich auch völlig verständlich, wenn besagter Förderer überzeugt ist, er könne mit Ostfriesisch bestimmte Dinge präziser ausdrücken. Jede/r BayrIn, jede/r Schwäbli wird das analog bestätigen.

Aber: Wenn ich ernsthaften Gesprächs- bzw. Beratungsbedarf bei finanziellen, technischen, medizinischen, juristischen und menschlichen Sachverhalten habe, wenn es also um etwas Relevantes geht, dann insistiere ich jederzeit auf größtmögliche Annäherung an die in Deutschland geltende Amtssprache. Und das ist keineswegs arrogant.

Sprache dient. Sprache dient der Verständigung. Wer Sprache als lokalpatriotischen Knüppel - sagen wir verbindlicher: als Hebel - missbraucht, macht was falsch.



(verändert via wiki commons)
Man kann auch auf unauffällige, diskrete und selbstironische Weise selbstbewusst seine Heimat lieben.







Dienstag, 7. April 2015

Feststellung


Öst'reich jewesen. Jenauer jesacht: Ötztal, Tirol. Tächlich dortije Lokalzeitung jelesen. Festjestellt: Nur weil 'ne Tageszeitung sich an ländliche, vermutlich eher konservative Leserschaft richtet, muss es noch lange keine schmierige, spießige Provinz-Postille sein wie der "Harlinger Anzeiger".

Tiroler Tageszeitung, janz formidables Blatt. Natürlich auch lokale und regionale Berichterstattung, nicht alles übermäßig relevant für Außenstehende, aber hellwach und kritisch, wo es anjezeicht ist. Sprachlich bissig, witzig und kreativ, dabei hohe Präzision, auch in Sachen Rechtschreibung, Zeichensetzung und Satzbau. Chapeau!

Es jeht doch!

Warum können die Ötztaler sowas und warum die Ostfriesen nicht?


(verändert via wiki commons)
Was hat er, was die Ostfriesen nicht haben?